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D

er 23-Jährige verfolgt kein

Ausbildungssystem, sondern

animiert Pferdebesitzer dazu,

einen individuellen Weg zu gehen. In

seinen Kursen holt man sich Ideen, aus

denen man lernt, sagt Arien Aguilar.

Der junge Trainer wagt den Versuch

einer leisen Revolution.

Bodenarbeit und Horsemanship

sind sehr beliebt. Was wollen die

Teilnehmer von dir lernen?

Es gibt immer diese Hypes. Momen-

tan ist Gymnastizierung sehr ange-

sagt, alle wollen Seitengänge lernen.

Vor einem Jahr ging es oft um Zirkus-

lektionen, davor um das Barockreiten.

Wie entstehen denn Hypes?

Gute Frage. Ich denke, oft ist es so,

dass jemand ein gutes Video im Inter-

net veröffentlicht, das die Leute gut

finden und dann wollen sie es auspro-

bieren. Das beginnt oft schnell und

hört wieder auf. Zum Beispiel hat vor

ein paar Jahren die Alt-Californische

Reitweise geboomt. Das ging so richtig

hoch und flaut jetzt wieder ab.

Und was ist dein Ding?

Mein Ding ist kein Ding zu haben

(

lacht

). Ich mag es, Dinge zu mischen.

Das ist meiner Meinung nach der beste

Weg, den Umgang mit Pferden interes-

sant zu gestalten und etwas zu lernen.

Du hast dann mehr Möglichkeiten

und es ist einfacher, dass jedes Pferd-

Reiter-Paar aus dieser Mischung sein

Ding basteln kann.

Was bedeuten dir Pferde?

Ich denke, wir als Menschheit sind im-

mer weiter weg von der Natur. Uns

fällt es zunehmend schwerer, natür-

liche Dinge zu akzeptieren. Das Leben

fängt an und es hört irgendwann auf.

Aber viele Menschen fangen an zu le-

ben, als wären sie unsterblich. Sie ver-

suchen, die Natur zu kontrollieren und

schaffen sich eine ideale, künstliche

Auf das

Gefühl

besinnen

Welt. Und einige beginnen sogar, die

Tiere da hineinzuziehen. Dann entste-

hen so verrückte Dinge wie vegane Er-

nährung für Hunde. Ich denke, Pferde

sind eine unserer Chancen, in der Na-

tur zu bleiben. Sie können uns das Ge-

fühl wieder lehren, zu verstehen, wie

die Natur funktioniert; was nötig ist,

für einen respektvollen Umgang mit

anderen Lebewesen. Pferde werden in

unserer Zukunft eine große Rolle spie-

len, wenn wir es schaffen, sie artge-

rechter zu halten, also natürlicher.

Dafür müssten die Pferdehal-

ter aber mitziehen. Wie

erlebst du sie in deinen

Kursen?

Die meisten lieben ihre Pferde

wirklich. Ich versuche ihnen

zu zeigen, was das Pferd ih-

nen versucht zu sagen. Wenn

sie ihr Pferd korrigieren und

„Nein“ sagen, ist das Pferd

vielleicht erst nicht so glück-

lich. Aber danach respektiert

es sie etwas mehr, weil der Besitzer

seine Grenzen gesetzt hat. Sie sollen

nicht nur immer Druck machen, son-

dern auch Pausen, um auch zu sehen,

was das Pferd machen will. Dann wird

die Beziehung besser, weil sie dann das

machen, was beide Seiten wollen.

Woher hast du dein Wissen

über Pferde?

Mein Vater hat mir die Basis gezeigt.

Respekt, Balance, zu tun was du liebst,

nicht aufzugeben. Dann habe ich an-

gefangen, zu reisen. Ich habe von vie-

len verschiedenen Trainern gelernt.

Ich bin aber immer nur eine Woche

bei einem Trainer geblieben, um nicht

zu beginnen, ihn zu kopieren. Ich bin

dann nach Hause gefahren und habe

seine Idee ausprobiert. Dadurch habe

ich herausgefunden, was zu mir passt.

Manche Sachen habe ich auch verän-

dert. So halte ich das auch bei mei-

nen Kursen: Ich versuche den Teilneh-

mern Anregungen zu liefern, dass sie

damit ihren eigenen Weg finden. Ich

will, dass die Leute weggehen von der

Denkweise, einen Plan haben zu müs-

sen. Das funktioniert bei einer Ma-

schine, aber nicht bei einem Pferd. Für

eine Beziehung braucht es ein Gefühl

und keinen Schritt-für-Schritt-Plan.

Lernst du auf deinen Kursen

selbst dazu?

Ja, immer (

lacht

)! Die Teilnehmer ver-

suchen auch etwas Neues, haben eige-

ne Ideen und zeigen sie mir. Manchmal

klappt es, manchmal nicht. So oder so

habe ich dann etwas gelernt.

Das rechne ich dir hoch an.

Trainer haben in der Regel

ihren Weg, von dem sie

nicht abweichen wollen.

Nehme ich das richtig

wahr?

Hm, leider ja. Aber ich denke, es

wird langsam besser. Es begin-

nt eine kleine Revolution (

gr-

inst

). Es gibt viele neue Trainer, die

versuchen, durch die Arbeit mit den

Pferden in Balance zu kommen – mit

sich selbst als Person und mit anderen

Lebewesen.

Du bist 23 Jahre alt und sprichst

als wärst du dreimal so alt. Neh-

men dich deine Kollegen ernst?

Jetzt funktioniert es langsam besser.

Das war am Anfang nicht einfach. Ich

gebe Kurse seit ich 13 Jahre alt bin. Be-

vor ich bekannter wurde, haben sich

bestimmt viele Leute gedacht, was ih-

nen dieses Kind denn beibringen soll.

Im Gegenzug wirst du es jetzt

auch stressiger haben. Du bist

heuer seit April auf Tour und

lebst immer aus dem Auto. Macht

das Spaß?

Ja, ich habe wirklich Spaß dabei zu rei-

sen, neue Menschen und Pferde ken-

nenzulernen. Wenn ich zwei Tage

Was will ich? Was will mein Pferd? Wie lässt sich unsere Beziehung verbessern?

Horseman Arien Aguilar sorgt dafür, dass es in den Köpfen seiner Schüler rattert.

Es beginnt eine

kleine Revolution

von Trainern, die

versuchen, durch die

Arbeit mit Pferden in

Balance zu kommen.

Arien Aguilar, Horseman

HEUGE F LÜST ER

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Reiter-Kurier · September 2017