Reiter-Kurier · Februar 2017
23
bei der Fütterung und Gesunderhal-
tung von Pferden an ihren Grundbe-
dürfnissen orientieren. Werfen wir da-
her zunächst einen Blick auf die Natur:
Seit Urzeiten ernähren sich Pferde von
Gräsern, Kräutern, Sträuchern, Rin-
den und auch verschiedenen Mine-
ralien oder Salzen. Sie wissen instink-
tiv welche Pflanzen bei Krankheiten
helfen - Fohlen lernen dies von den äl-
teren. Die Aufnahme großer Futter-
mengen auf einmal ist nicht vorgese-
hen. Pferde als Dauerfresser verfügen
über ein kleinen Magen und sind fast
rund um die Uhr mit Futtersuche be-
schäftigt. Ihr Verdauungssystem ver-
trägt lange Futterpausen nicht. Beim
Fressen nehmen sie eine Körperhal-
tung mit gesenktem Kopf ein. Die Fut-
teraufnahme über längere Zeit aus er-
höhter Position verursacht Verspan-
nungen und Blockaden. Als Fluchttiere
haben Pferde ein ausgeprägtes At-
mungssystem mit großen Lungen die
viel Sauerstoff benötigen. Schadstoff-
haltige Stalluft verursacht Atemwegs-
erkrankungen und Organschäden. Der
gesamte Organismus des Lauftiers ist
auf stetige Bewegung ausgelegt, Schlaf-
und Ruhephasen sind selten länger als
vier Stunden, einen Tag-Nacht-Rhyth-
mus kennen Pferde nicht. Als poten-
tielle Beutetiere müssen Pferde stets
wachsam sein, weshalb sie gute Fern-
sicht benötigen - Sichtbegrenzungen
führen oft zu Verhaltensproblemen,
Nervosität und schlechter Futterauf-
nahme. Das Leben in sozialen Herden-
verbänden bietet Sicherheit. Der Kon-
takt zu Artgenossen ist für Pferde über-
lebenswichtig und notwendig für see-
lische und körperliche Gesundheit. Als
Klimawiderständler verfügen Pferde
über eine effektive Thermoregulation
mit der Möglichkeit ihr Fell aufzustel-
len oder flach anzulegen und sind per-
fekt ausgestattet für jedes Wetter. Sie
benötigen verschiedene Klimareize um
die körpereigenen Abwehrmechanis-
men zu trainieren. Die Hufe dienen der
Fortbewegung aber auch als Blutpum-
pe (Hufmechanismus) zur Unterstüt-
zung des Herz-Kreislaufsystems und
haben wichtige Stoffwechsel- und Aus-
leitungsfunktionen. Dafür brauchen
sie stetige Bewegung auf verschieden
harten Untergründen. Pferde trinken
in der Natur aus offenen Wasserflä-
chen, ihr Schluckmechanismus funkti-
oniert am besten mit gesenktem Hals.
Je mehr man sich bei
der Pferdehaltung an
die natürlichen Bedürf-
nisse annähert, umso
gesünder, langlebiger
und leistungsfähiger
sind unsere Pferde.
Vor dem Trinken prüfen sie das
Wasser und trinken dann zügig da an
der Wasserstelle oft Raubtiere lauern.
Die Hufe stehen dabei im Schlamm
und erhalten regelmäßig Feuchtigkeit.
Berücksichtigt werden sollte dabei aber
auch das seelische Befinden. Tatsäch-
lich spielt heutzutage in der Pferde-
haltung Stress zunehmend eine Rolle.
Kurzfristiger Stress ist dabei weniger
ein Problem – er ist von der Natur vor-
gesehen um dem Organismus in Not-
situationen Höchstleistungen abzu-
verlangen. Kommt es jedoch zu Dau-
erstress und damit zur andauernden
Ausschüttung von Stresshormonen,
wird das Immunsystem geschwächt
und die Entstehung von Krankheiten
begünstigt. Herdenwechsel, Trans-
porte, Turniere u.a. sollten deshalb
>>>
Foto: Judith Schmidhuber