

HEUGE F LÜST ER
Schlagkräftig und irre witzig
Wie sind Sie zum Polo
gekommen?
Ich habe es im Urlaub in Spanien aus-
probiert und war sofort fasziniert. Ich
bin schon vorher geritten und gut im
Ballsport, ich habe auch Sport stu-
diert. Und die Kombination ist halt
Polo. Polo spielen ist wie eine Droge.
Ich wollte es dann unbedingt weiter-
machen und habe in Deutschland an-
gefangen zu trainieren.
Haben Sie die Regeln gleich
verstanden?
Die lernt man peu à peu. Polo ist ein
Individualsport für Pferd und Rei-
ter und gleichzeitig ein Mannschafts-
sport im Vierer-Team. Die Komplexi-
tät dieses Sports ist enorm. Man sieht
das auch an den Handicaps.
Wie beim Golf?
Ja genau. Allerdings ist es im Gegen-
satz zum Golf eine subjektive Ein-
schätzung. Es geht nicht nach den ge-
schossenen Toren, sondern eher, wie
das Verhalten auf allen Positionen ist,
die Schlag- und Spielqualität. Danach
wird der Spieler von einer Stewardver-
sammlung in jedem Land eingestuft.
Das heißt, Sie haben in Deutsch-
land ein anderes Handicap als
zum Beispiel in Spanien?
Das ist wahr. Ich habe bei den Damen
6 und bei den Männern 2. Brutale An-
fänger haben minus 2, Vollprofis plus
10. Ab plus 2 gilt man als Profi. Beim
Damenpolo schon ab 1.
Warum gibt’s denn Wertungen
nach Geschlechtern?
Männer haben einfach bessere Mus-
kelhebel und mehr Ausdauer. Das
kann man als Frau natürlich durch
Training kompensieren. Aber irgend-
wann ist die Grenze erreicht.
Sie sind tatsächlich die beste
Polospielerin Deutschlands?
Ja, schon sehr lange. Weil leider Gottes
kein Nachwuchs nachkommt (
lacht
).
Eva Brühls Leidenschaft für Polo hat sie zu Deutschlands bester Spielerin gemacht.
mer noch mehr Criollo-Blut. Sie sind
trittsicher, gutmütig und nicht so ner-
vös. Wobei auch die Vollblüter relativ
coole Pferde sind.
Und was zeichnet diese Rassen
nun aus, was sie so perfekt für
Polo macht?
Ihre Antrittsschnelligkeit und sehr
schnelle Wendigkeit. Man reitet wie
beim Westernreiten mit dem Zügel
am Hals. Das Spielfeld ist 274 Meter
lang und 182 breit. Wenn man da mit
dem Ball abhauen möchte, muss man
schnell Distanz machen können.
90 Prozent der Polo-Pferde wer-
den aus Argentinien importiert.
Wieso züchtet man nicht hierzu-
lande mehr, wenn offensichtlich
der Bedarf da ist?
Die Aufzucht ist in Deutschland sehr
kostenintensiv. Und viele haben hier
die Zeit und den Platz gar nicht. Man
braucht auch den richtigen Bereiter.
Ich bekomme ein bis zwei Pferde pro
Jahr fertig. Aber ich kaufe auf jeden
Fall dazu. Oder hole sie von meiner
Farm in Argentinien.
Was auch nicht ganz günstig
sein kann, ein Pferd einfliegen
zu lassen.
Für ein Pferd kostet der Flug momen-
tan 8000 bis 9000 Euro. Anfänger
kaufen deshalb gebrauchte Pferde mit
Spielerfahrung, die gibt es ab 5000 bis
8000 Euro. Man braucht mindestens
zwei Pferde, um ein Turnier zu be-
spielen. Es darf nie ein zwei in zwei
Chukkas (
Anm. d. Red.: Spielabschnitt
beim Polo
) hintereinander eingesetzt
werden.
Dem Polo-Sport haftet etwas
Elitäres an. Hört man das jetzt,
braucht einen das eigentlich
nicht zu wundern, oder?
Ich glaube, dass die Historie diesen Ruf
überschattet. Vor dem ersten Welt-
krieg hat sich nur der Adel zum Polo-
spielen getroffen. Man hört ja auch im-
Meine Kolleginnen sind alle 15 bis 20
Jahre jünger. Aber die erreichen keine
hohen Handicaps. Ich bin selber Ste-
ward. Es gibt momentan niemanden,
der auch nur annähernd das Handicap
2 erreichen kann.
Auf welche Fähigkeiten kommt
es beim Polo an?
Durch das Voltigieren in meiner
Kindheit habe ich ein gutes Gleich-
gewichtsgefühl auf dem Pferd. Das
braucht man im Polo auch, der Sat-
tel ist komplett glatt, man hält sich
mit den Knien fest und muss mit dem
Oberkörper rotieren.
Und wie sieht‘s mit dem
Training aus?
Ich mache sehr viel Sport. Laufen und
Radfahren für die Ausdauer und seit
drei Jahren zusätzlich Kraftsport, das
hilft mir beim Polo sehr. Ich bin da-
durch symmetrischer geworden.
Weil Polo so einseitig ist?
Beim Polo hält man links die Zügel
und rechts den Schläger. Dadurch ver-
schiebt sich irgendwann die Wirbel-
säule. Oder zumindest ist die Musku-
latur nicht gleichmäßig.
Sie spielen in Deutschland auf
Turnieren – aber auch im euro-
päischen Ausland. Ist die Polo-Szene so groß aufgestellt?
Gerade in Italien, Spanien und Frank
reich gibt es mittlerweile schon sehr
viele Polo-Turniere. Und in England
sowieso. Da spielen nicht nur die
Royals, dort ist Polo ein Volkssport
und es gibt Jugendklassen. England ist
das Mutterland des Polo-Sports.
Ich dachte, das sei Argentinien?
Englische Kolonien haben es im asi-
atischen Raum entdeckt und nach
Argentinien gebracht. Die haben dort
perfekte Pferde. Polo-Pferde sind
Criollos, gemischt mit Vollblut. Mitt-
lerweile sind es zwar fast nur noch
Vollblüter. Anfängerpferde haben im-
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Reiter-Kurier · Juni 2017