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Reiter-Kurier · März 2017

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Abenteuerritt auf den Spuren der Bären

Ein Reisebericht aus Rumänien von Denise Neufeld

N

ach drei Stunden Fahrt

vom Flughafen in Cluj

bin ich nun fast am Ziel,

dem Ausgangspunkt für meinen

Abenteuerritt durch Rumänien!

Die holperige Fahrt endet ganz

oben auf dem Rücken der Berg-

kette. Hier werde ich von Gastge-

ber Csaba. Csabas Partnerin Kin-

ga habe ich schon auf der Fahrt

kennengelernt, sie hat mich un-

ten im Tal mit dem Geländewa-

gen abgeholt. Auch wenn ich

mich nur wenige Kilometer ent-

fernt von der Stadt Gheorghe-

ni befinde, bin ich in einer ganz

anderen Welt. Hier gibt es keinen

Strom und auch das Handy zeigt

null Balken Empfang an.

Das Szeklerland

Csaba und Kinga zeigen mir

ihr Zuhause, ein altes Bauern-

haus, das das erste Quartier un-

serer Reittour ist. Am nächsten

Morgen lerne ich dann auch mei-

ne Mitreiter kennen: eine recht

buntgemischte Truppe bestehend

aus einer Familie, einem Ehepaar,

Freundinnen sowie ein paar Ein-

zelreisenden. Die kommende

Woche werden wir gemeinsam

durch das Szeklerland im Osten

von Siebenbürgen reiten. Dieser

Teil Rumäniens ist nach der un-

garischen Volksgruppe benannt,

die dort angesiedelt ist, den Szek-

lern. Zu meiner Überraschung

sprechen auch tatsächlich fast al-

le Menschen in dieser Region un-

garisch. So auch Csaba, der zu-

sätzlich auch sehr gut Deutsch

spricht. Jetzt bei Tageslicht sehe

ich nun auch endlich das pracht-

volle Panorama, das sich um uns

herum erstreckt. Tiefgrüne Fich-

tenwälder wohin das Auge reicht

und kein anderes menschliches

Lebenszeichen in Sicht! Momen-

tan leben hier 18 Pferde, darun-

ter auch ein paar Jungtiere. Eben-

so wie unsere Reittruppe ist auch

die Herde bunt gemischt. Größ-

tenteils sind es Warmblüter, teil-

weise mit Araber- und Lipizzan-

eranteil. So gut wie jedes Stock-

maß ist zu finden, so dass für je-

den Reiter etwas Passendes dabei

sein sollte.

Nach einem reichlichen und

schmackhaften Frühstück ver-

bringen wir den Vormittag damit

unser nötigstes Gepäck in den

Satteltaschen zu verstauen. Dann

lernen wir unsere Pferde kennen.

Wir bekommen eine Einweisung

wie wir die Satteldecken, die Mi-

litärsättel und die Satteltaschen

anzubringen haben. Gegen Mit-

tag brechen wir dann auf. Unser

erster Reittag führt uns durch die

umliegenden Wälder, die immer

mal wieder von Lichtungen und

Ebenen unterbrochen werden.

Natur pur

Einen ersten kurzen Halt ma-

chen wir an einer kleinen Quel-

le. Hier entspringt der Fluss Olt.

Es ist schwer vorstellbar, dass aus

diesemkleinen Rinnsal der zweig-

rößte Fluss Rumäniens wird, der

schlussendlich in die Donaumün-

det. Am frühen Abend erreichen

wir dann am Rande des Waldes

eine freie Bergkuppe mit traum-

haftem Blick auf das weite Tal

und die Berge des Harghitage-

birges am Horizont. Hier richten

wir unser Zeltlager auf. Nach ei-

nigen geselligen Lagerfeuerge-

schichten verschwinden wir alle

nach und nach in unseren Zelten.

„Kaffee ist fertig!“ ertönt es

am Morgen über die Wiese. Blau-

er Himmel und Sonnenschein

machen das Aufstehen leich-

ter und der Hunger treibt sowie-

so alle nach draußen. Das Feuer

brennt noch vom Abend. Nachts

wurde immer wieder Holz nach-

gelegt, weil in dieser Gegend Bä-

ren leben. Zum Glück hat sich

keiner von ihnen im Lager bli-

cken lassen. Bei bestem Reitwet-

ter brechen wir zu unserem zwei-

ten Reittag auf. Es geht vorwie-

gend bergab, zunächst über wei-

te Wiesen und Almen, vorbei an

einem kleinen Dorf und immer

wieder Waldabschnitte.

Reiten bei Wind und Wetter

Am Horizont hat es sich be-

reits angekündigt: dunkle Wol-

ken türmen sich auf, die durch

Blitze aufleuchten. Während un-

serer Mittagsrast erwischt uns

dann der Regen. Kurz vor un-

serem neuen Lagerplatz platzt es

dann sturmflutartig runter. Im

Starkregen satteln wir die Pferde

ab und errichten das Camp. Der

nächste Reittag wird dann tat-

sächlich so verregnet wie befürch-

tet. Schweigsam trotten wir durch

die nebelverhangen dichten Wäl-

der. Gegen Nachmittag wird es

dann viel besser und mit zuneh-

mender Sonneneinwirkung steigt

auch wieder die Laune. Im Tro-

ckenen erreichen wir unsere heu-

tige Unterkunft, eine nette, neu-

errichtete Pension in einem klei-

nen Dorf. Die heiße Dusche tut

uns allen gut und das bequeme

Bett macht den Regen schnell

vergessen! Am Vormittag reiten

wir über tolle, weite Ebenen mit

herrlichen Graswegen die einige

Trabs und auch Galopp ermög-

lichen. Des Öfteren werden wir

neugierig von halbwild lebenden

Pferdeherden beäugt, die wir an-

treffen. Auch heute übernachten

wir wieder in einer kleinen Pensi-

on. Wir sind abermals überrascht

über den Komfort der Pensionen.

Wir hatten wesentlich einfachere

Unterkünfte erwartet.

Bären in Sicht

Langsam geht es nun wieder

in Richtung Heimat. Heute be-

kommen wir dann auch endlich

mal Bärenspuren zu sehen! Im

Matsch entdecken wir frische Tat-

zenabdrücke. Die letzte Übernach-

tung auswärts findet in einemehe-

maligen Reithof statt. Wie überall

werden wir mit einem Schnaps

empfangen und frischem Tee und

Kaffee.

Der letzte Reittag ist gleich-

zeitig auch der längste. Heu-

te kreuzen wir das große Tal um

vom Harghita-Gebirge zurück in

den gegenüberliegenden Karpa-

tengebirgskamm zu gelangen, wo

sich der Hof von Csaba befindet.

Am Vormittag reiten wir über die

weiten, riesigen blumigenWiesen

bis wir die Stadt Gheorgheni er-

reichen. Nach einigen steilen Pas-

sagen erreichen wir Csabas Hof.

Die zurückgebliebenen Pferde

freuen sich über die Rückkehr ih-

rer Kameraden, die sich erst noch

etwas gedulden müssen, bis alle

abgesattelt und abgeduscht sind.

Für ein paar Abschiedsfotos müs-

sen sie noch stillstehen, ehe sie in

ihre wohlverdiente Freiheit ent-

lassen werden.

Früh am nächsten Morgen

breche ich auf zum Flughafen.

Mit selbstgemachtem Heidel-

beerschnaps und –marmelade im

Gepäck und der Erkenntnis, dass

man für richtiges Abenteuerfee-

ling abseits der Zivilisation in

ursprünglicher, wunderschöner

Landschaft nicht um den halben

Globus fliegen muss, sondern ge-

rade mal 2 Stunden, steige ich in

den Geländewagen.

Informationen zur Reittour

„Auf den Spuren der Bären“:

www.reiterreisen.com/bae008.htm

Text/Foto:

Denise Neufeld

/Reiterreisen.com

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