

Schlaflos in Amerang
Neun tragende Stuten hat Giulia Baronin von Crailsheim Larisch im Stall. Ihre Passion
empfindet die 37-Jährige als Sucht. Für sie steht fest: „Nichts ist so schön wie Züchten.“
AMERANG
Pura Raza
Española haben es Giulia von Crails-
heim Larisch schon früh angetan. Was
wohl daran liegt, dass ihr die Leiden-
schaft in die Wiege gelegt wurde: Ihre
Familie mütterlicherseits züchtet seit
dem 18. Jahrhundert Pferde. Mit dem
Gestüt Schloss Amerang hat sich die
ausgebildete Pferdephysiotherapeutin
international einen Namen gemacht.
Jetzt beginnt die spannende Zeit:
In diesem Monat werden Ihre
Fohlen geboren. Wie bereiten Sie
sich darauf vor?
Durch absolute Komplettüber-
wachung. Ich kontrolliere täglich die
Euter, überhaupt das Verhalten der
IhrMannwird Ihnenwas erzählen!
(lacht) Der schläft einfach weiter.
Den rufe ich dann in den Stall zum Fo-
tos machen.
Wie läuft die Geburt ab? Überlas-
sen Sie‘s der Natur?
Es gibt zwei verschiedene Typen.
Zu Typ 1 gehören die Stuten, die bei mir
groß geworden sind. Sie bekommen zu
95 Prozent tagsüber ihr Fohlen wäh-
rend ich da bin. Ich merke es, wenn sie
sich nach mir umsehen oder gar nicht
mehr von der Tür weggeht. Dannmöch-
te sie, dass ich zu ihr rein komme. Ich
setze mich dann ins Stroh und die Stute
legt sich irgendwann hin. Zu Typ 2 ge-
hören die Stuten mit schlechten Erfah-
rungen. Das sind so ziemlich alle Stuten,
die aus Spanien kommen. Die wollen
nachts gebären, die haben Angst vor
Menschen. Ich verfolge es auf der Ka-
mera, bis sie sich hinlegen. Erst dann
gehe ich ganz behutsamdazu. Wenn die
Geburt losgeht, helfe ich ihr, damit es so
schnell wie möglich von Statten geht.
Diese Stuten wandern nach dem zwei-
ten Fohlen rüber zu Typ 1.
Sie erwähnen Pferde mit
schlechten Erfahrungen aus Spa-
nien. Seit ein paar Jahren sind
PRE dort sehr günstig zu haben.
Was sind das für Pferde?
Top-Pferde in Spanien kosten um
die 200.000 Euro und sind drei Jahre
alt. Die billigen sind in Spanien nicht
einmal mehr den Fleischpreis wert.
Es muss einem wirklich bewusst sein,
dass die Pferde, die bei uns für 3.000
Euro angeboten werden, in Spanien
niemand haben will. Das kann man
sich auch nicht schönreden. Die Züch-
ter, die in Not sind, geben ihre Pferde
direkt zum Abdecker und nicht zum
Händler. Die verdienen sich mit Pfer-
den, die nach Deutschland kommen,
eine goldene Nase. Dabei möchte diese
Pferde in Spanien niemand geschenkt
haben. Bei denWelpen weiß man mitt-
lerweile welchen Werdegang er hatte,
Stuten. Beim ersten Tropfen Milch
beginne ich, täglich den PH-Wert zu
messen. Die letzte Woche vor der Ge-
burt sogar dreimal täglich. Ich habe die
Stuten rund um die Uhr im Auge.
Und wenn es dann so weit ist,
sitzen Sie die ganze Nacht vor
dem Bildschirm der Überwa-
chungskameras?
Genau (lacht). Ich schlafe tatsäch-
lich umdie Geburt herumgar nicht. Ich
habe festgestellt, dass man acht Tage
ohne Schlaf auskommen kann.
Das haben Sie schon gemacht?
Schon öfter.
Baronin Giulia von
Crailsheim Larisch
züchtet in Amerang
Pura Raza Española.
Der selbstgezogene
PRE-Zuchthengst "Tar-
zano GSA" ist ihr ganzer
Stolz. Er kam 2012 in
Amerang zur Welt, ist
1,71 Meter groß und
ein Musterbeispiel für
Gelassenheit.
HEUGE F LÜST ER
4
Reiter-Kurier · April 2017