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Reiter-Kurier · Juni 2017
T I T E LTHEMA
D
ie Bedeutung des
Pferdes als Freizeit-
partner hat in den
letzten Jahren zuge-
nommen. Damit ein-
hergehend haben auch unterschied-
liche Reitweisen und deren Satteltypen
bei uns Einzug gehalten. Welcher Sat-
tel der Richtige ist, hängt ab von Reit-
weise, Rasse, Körperbau, Trainings-
zustand und Alter des Pferdes, eben-
so aber auch von Gewicht und Größe
des Reiters. Ebenfalls wichtig ist auch
die Dauer, die der Sattel täglich auf
dem Pferderücken liegt. Ein Wander-
reitsattel muss andere Kriterien erfül-
len als ein Sportsattel, der ein bis zwei
Stunden eingesetzt wird. Freizeitrei-
ter gehen regelmäßig ins Gelände, rei-
ten Dressurübungen oder springen
kleinere Hindernisse. Hier gibt es Sat-
tel-Mischformen oder Allrounder, ge-
eignet für mehrere Reitweisen.
Allein die Verwendung eines spe-
ziellen Sattels macht aus Pferd und
Reiter jedoch nicht direkt einen Pro-
fi, weiß auch Pferdephysiotherapeu-
tin und Chirothe-
rapeutin für Pferde
Daniela Müller: „Ei-
gentlich ist es egal,
ob man einen We-
sternsattel oder ei-
nen Vielseitigkeits-
sattel verwendet. Die Reitweise hängt
nicht nur von der Optik eines baum-
losen Sattels ab, sondern viel auch
vom Verständnis und der Ausbildung
des Reiters sowie natürlich der Anato-
mie des Pferdes.“ Die Spezialisierung
auf ein bestimmtes Sattelmodell wird
unumgänglich, wenn die Teilnahme
an Turnieren oder Wettbewerben ge-
plant ist.
Wichtig bei der Sattelwahl ist, ei-
nen Experten zu Rate zu ziehen, der
die Passform überprüft. „Muskulatur
baut sich nur auf, wennsie durchblutet
wird. Eine eingeengte Muskulatur wird
deutlich weniger durchblutet – daher
bauen sich unter nicht passenden Sät-
teln auch häufig Muskelfasern ab an-
statt sich durch das Training unter dem
Sattel wie gewünscht aufzubauen. Dies
erkennt man dann an der sogenannten
„Sattellage“, die auf eine Rückbildung
der Muskulatur in diesem Bereich zu-
rückzuführen ist. So stellt der von vie-
len Reitern als positiv beschriebene
„Ausbau der Sattellage“ nichts weiter
dar als eine Atrophie der Musklatur“,
weiß Daniela Müller aus Erfahrung.
Die unterschiedlichen Reitweisen
haben ihre eigenen Sättel. Der klas-
sische, englische Sattel wurde entwi-
ckelt für die Sport- und Jagdreiterei,
bei der er relativ kurze Zeit auf dem
Pferderücken liegt. „Der typische eng-
lische Sattel wurde ursprünglich für
den Zweck gebaut, ein Pferd über kür-
zere Zeit unter sehr hoher, positiver
muskulärer Anspan-
nung zu reiten. Das
Pferd wölbt dabei den
Rücken auf und trägt
aktiv den Reiter,“ er-
klärt Veterinär-Chiro-
praktikern und Tierärz-
tin Claudia Miller. „Diese Sättel haben
eine relativ kleine Auflagefläche, damit
man dicht am Pferd sitzt und gut Hil-
fen geben kann.“ Es sei zwar auch mög-
lich mit solch einem Sattel einen Aus-
ritt zu machen, weiß die Tierärztin.
Allerdings solle man berücksichtigen,
dass das Pferd nur wenig Körperspan-
nung hat, wenn es entspannt und am
langen Zügel geht. Fehlt die notwen-
dige Bauchanspannung und Rücken-
wölbung, kann es bedingt durch ein re-
lativ geringe Auflagefläche des Sattels,
bei längeren Geländeritten zu punktu-
ellem Druck kommen. „Moderne eng-
lische Sättel werden deshalb immer öf-
ter mit einem sehr breiten Kissenka-
Muskelfasern
bauen sich ab,
wenn der Sattel nicht
aufs Pferd passt.“
Foto: Pixabay