HEUGE F LÜST ER
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Reiter-Kurier · August 2017
Working Equitation (WE) ist
höchst beliebt. Wie hat es die-
se Reitsportdisziplin von null auf
hundert geschafft?
Es war schon ein längerer Prozess,
aber man hat den Anfang nicht so mit-
bekommen. Die WE in Deutschland
gibt es bald zehn Jahre. Anfangs wa-
ren 20 bis 40 Reiter auf einemTurnier,
jetzt sind es schon 60 bis 90 Starter.
Größere Turnierveranstalter bekom-
men langsam Interesse, dadurch gibt
es auch mehr Berichterstattung. Und
dadurch breitet sich‘s jetzt wesentlich
schneller aus als am Anfang.
Wie sind Sie zur WE gekommen?
Mein Trainer hat mich hingeschickt
(
lacht
). Bei Manolo Oliva reite ich seit
15 Jahren. 2007 hatte ich bei einem
Doma Vaquera Turnier erstmals Kon-
takt zur iberischen Arbeitsreitweise.
Im Jahr darauf war die Doma Vaquera
gekoppelt mit der Working Equitation.
Ich war von Anfang an dabei.
Und Sie haben von Anfang an
gleich Blut geleckt?
Ja, weil es so schön ist. Man muss mit
dem Pferd zusammen als Team arbei-
ten. Man muss sich aufeinander ver-
lassen, man muss miteinander arbei-
ten. Anders geht’s nicht. In der Dres-
sur müssen die Grundgangarten
passen, es werden hohe Lektionen ge-
zeigt. Gleichzeitig muss das Pferd auch
durch den Trail, dabei kommt es auf
Geschicklichkeit an. Seitwärts, rück-
wärts, Stopps aus dem Galopp, enge
Wendungen: Das bekommt man nur
als Team hin. Es ist einfach toll, das
mit dem Pferd zu erleben.
Die Rinderarbeit ist das Herz der
Working Equitation, Sie haben
sich eine eigene Herde zum Trai-
ning angeschafft. Worin besteht
die Schwierigkeit?
Wenn
Pferd und Reiter
zusammenschmelzen
Schwierig ist, dass man sich auf dem
Turnier nicht auf die Kühe einstellen
kann. Man kennt sie ja nicht. Je wil-
der die Herde ist, desto ruhiger muss
man reinreiten. Wenn sie eher stoisch
ist, etwas zackiger. Man kann eine Kuh
mit dem Pferd lenken.
Welche Aufgabe hat der Reiter
denn genau?
Bei internationalen Turnieren rei-
tet das Team zu viert. Nur der Starter
darf die Grundlinie überqueren. Er rei-
tet auf die Herde zu, holt die Kuh raus
und treibt sie über die Linie und auf
die andere Seite des Platzes in einen
Pferch. Das Team hilft, die Herde hin-
ter der Grundlinie zu halten. Für jede
Kuh, die drüber läuft, gibt es Strafse-
kunden. Für die Aufgabe sind drei Mi-
nuten Zeit.
Welche Leistungsklassen gibt es
denn in der WED?
Die üblichen: E, A, L, M und S. In der
Klasse E kommt in der Dressur nur ein
kurzer Galopp vor, der Trail ist imTrab
und Schritt. In der A reiten die Star-
ter Galopp mit Trabübergängen, in der
L mit Schrittübergängen und in der M
und S sind fliegende Wechsel vorge-
schrieben.
Wieviele Starter gibt es momen-
tan in der schweren Klasse?
Deutschlandweit werden es 25 bis 30
sein. Lustig ist, dass die WE-Szene in
Deutschland größer ist als in Portugal.
Obwohl es von dort kommt.
Was sind das für Reiter, die auf
WE Turnieren starten?
Das ist bunt gemischt. Am meisten
sind es extrem ambitionierte Frei-
zeitreiter, die mit dem Dressursport
oder dem Westernreiten nichts an-
fangen können. Von dort komme ich
ja auch. Ich bin früher Orientierungs-
und Bildersuchritte mit Summy ge-
ritten (
Anmerkung der Redaktion, „Pa-
radise Indian Summer“ ist Katrin Fran-
kenbergers Welsh-Cob-Stute, mit der sie
2012 und 2014 Deutsche Meisterin und
2014 Vize-Weltmeisterin wurde
). Das
hat sich so entwickelt. Bewusst war
mir das am Anfang nicht. Der Mano-
lo hat irgendwann zu mir gesagt: „Als
nächstes kommen die Pirouetten, die
sind ganz einfach.
“
Und ich dachte im-
mer, das machen nur die Reiter im
Fernsehen aber doch nicht ich mit
meinem Pony (
lacht
)!
So wird also aus einem
Freizeitreiter ein Profi.
Es hat sich so ergeben. Auch die Ge-
nauigkeit beim Turnierreiten: dass
man auf den Punkt reitet, dass der
Wechsel ordentlich ist, dass der Weg
Katrin Frankenberger ist eine der besten deutschen Reiter in der Working Equitation.