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Reiterkurier · August 2016
Schritt für
Schritt
dem Erfolg
entgegen…
Doch woran bemessen wir den reiterlichen Erfolg? Branchenüblich an Preisgeldern und Verkaufs-
erlösen, oder im Sinne der klassischen Reitlehre an einem gesunden und leichtrittigen Pferd?
E
in gesundes und leichtrit-
tiges Pferd, das sich wohlfühlt
und entsprechend losgelassen
durch den Körper bewegt, den Men-
schen dann geschmeidig auf seinem
Rücken bewegt und fein auf die rei-
terlichen Hilfen reagiert; wer wünscht
sich das nicht? (Egal, ob für ein schönes
Reitgefühl, zur Selbstdarstellung oder
Veräußerung)
Wie weltfremd ist der Gedanke,
dass sich das empfindsame Lebewe-
sen Pferd vielleicht auch wohlfühlen
möchte und ein gewisses Interesse an
der Nutzung seiner natürlichen Grund-
gangarten hat.
Aus verschiedenen Gründen for-
dert die klassische Reitlehre den Erhalt
der natürlichen Grundgangarten und
das Wohlbefinden des Pferdes bei der
sportlichen Entwicklung. Das Wohl-
befinden des Pferdes wird mit der er-
reichten Losgelassenheit definiert.
Bleibt bei der Konstellation Mensch-
Pferd festzuhalten:
Der Anspruch des Einen
ist der Wunsch des An-
deren!
Trotz intensivster Kenntnisse über
die funktionellen Zusammenhänge des
Pferdekörpers scheint die Wunsch –
Anspruch – Konstellation zunehmend
schwieriger zu werden.
Im sogenannten Freizeitbereich
wirkt sehr oft die gemeinsame Zielset-
zung nur mit größten Mühen ansatz-
weise erreichbar, auf Turnierplätzen
jeglichen Niveaus stellt das gewünsch-
te Bild eher die Ausnahme dar.
Warum? Erinnern wir uns an den
Leitsatz der klassischen Reitlehre, formu-
liertvorüber2000JahrenvonXenophon:
Nur inHarmoniemit demPferd…
Harmonie mit dem Pferd, das be-
deutet auch: Harmonie mit seinen Be-
wegungen!
Nur wenn das Pferd sich natürlich
bewegen darf, wird es sich wohlfühlen.
Die Frage ist also: Hilft
der reitende Mensch,
oder stört er?
Hier beginnt die Herausforderung
an den reitenden Menschen. Denn wir
sitzen nicht einfach auf dem Pferderü-
cken und hoffen auf das Beste, wir ha-
ben die Aufgabe, dem Pferd zu helfen.
Die klassische Reitlehre legt uns dafür
den Einsatz der reiterlichen Hilfen na-
he. Diese sollten bevorzugt eingesetzt
werden um dem Pferd zu helfen, den
Menschen zu tragen. Kann das Pferd
den Menschen dank dessen Hilfen mit
Leichtigkeit tragen, wird alles andere
auch leichter.
Umdas Fluchttier Pferd zumWohl-
fühlen einzuladen empfiehlt sich die
Gangart, die das Pferd für sich selbst
nutzt, wenn es sich wohlfühlt.
Weiterführend dürfe es angebracht
sein, demPferd seine Arbeit, die es sich
ja nicht selber ausgesucht hat, mög-
lichst angenehm zu machen, indem
man ihm hilft.
Vermitteln wir dem Pferd doch die
Idee, dass man nicht flüchten muss,
und laden es über die Schrittarbeit da-
zu ein, sich wohlzufühlen. Der instink-
tive Fluchtgedanke wird dann vom
Pferd losgelassen.
DiefürdasWohlbefindendesPferdes
notwendige Harmonie des „Gewichtes“
auf seinem Rücken mit den pferdeeige-
nenKörperbewegungenderGrundgang-
art Schritt, sind zugegebeneinhochkom-