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Reiterkurier · Mai 2016
Kolumne "Horseman´s Herald" - Folge 34
Verstehen Sie Ranch?
Im Interview erklärt Jay Doan von der Black Leg Ranch, wie ein Aufenthalt auf einer echten wor-
king ranch ein neues Verständnis vom Leben der Cowboys nach sich zieht. (Fortsetzung aus dem
Reiterkurier 4/2016).
Ihr betreibt eine Ranch, auf der
jeden Tag richtig gearbeitet wird.
Wenn Ihr da Gäste habt, die mit-
machen - wie bekommt Ihr das
unter einen Hut?
Jay:
Auch wenn wir Gäste auf der
Ranch haben, weichen wir kaum von
unseren normalen Arbeitsabläufen und
Zeitplänen ab. Wir planen die Gäste so
reibungslos wie möglich in die Arbeit
ein. Dabei richten wir uns nach ihren
Fähigkeiten undMöglichkeiten. Bei Be-
darf machen wir dann auch kleine An-
passungen, damit sie nicht nur eine au-
thentische, sondern auch die bestmög-
liche Erfahrung vom Leben auf einer
Ranch sammeln. Das ist es auch, was
uns von einer typischen „dude ranch“
unterscheidet.
Welche Arbeiten übernehmen
die Gäste am liebsten?
Jay:
Die meisten ziehen es vor, sich
in den Sattel zu schwingen und mit den
Rindern zu arbeiten. Sie mögen es aber
auch, mit demFangseil zu arbeiten oder
zu lernen, wie man Brandzeichen setzt.
Das Übungsholz dafür dürfen sie selbst-
verständlich als Souvenir mitnehmen.
Wieviel Erfahrung sollten Besu-
cher mitbringen, damit sie das Be-
ste aus ihrem Aufenthalt machen?
Jay:
Wir sind darauf eingestellt,
Reiter mit den unterschiedlichsten Fä-
higkeiten bei uns willkommen zu hei-
ßen. Je größer aber die Erfahrung ist,
umso selbstverständlicher können sie
sich in unseren Rhythmus einfügen.
Dann können sie nicht nur mehr und
verschiedenere Arbeiten übernehmen,
sie werden auch sicherer und ent-
spannter an die Arbeit herangehen.
Empfehlt Ihr besondere Kennt-
nisse im Western-Reiten, wenn
jemand hier mitarbeiten will?
Jay:
Wir haben auf jeden Fall Erfah-
rung darin, mit jedem Kenntnisstand
umzugehen. Wenn jemand noch gar
keine große Erfahrung im Sattel hat,
dann gehen unsere Cowboys mit ihm
in die Arena zum Lernen und Üben, bis
sie sich sicher genug fühlen, auch auf
die Ranch hinauszureiten. Wie auch
immer: Wenn Gäste schon einigerma-
ßen beritten sind, was die verschie-
denen Cowboy-Disziplinen angeht, ha-
ben sie natürlich mehr Freude bei der
Arbeit mit den Rindern.
Kann man denn auf Eurer Ranch
etwas vom Western-Reiten an-
ders oder besser kennenlernen
als in Europa?
Jay:
Es gehört zweifellos zum Le-
ben auf unserer Ranch dazu, dass un-
sere Gäste auch etwas von unserer Ge-
schichte, unserer Kultur, unserem All-
tagsleben erfahren. Es gibt leider noch
immer viele Missverständnisse darü-
ber, wie das Leben eines Cowboys aus-
sieht - übrigens nicht nur bei Besu-
chern aus Europa, sondern auch bei vie-
len, die aus Nordamerika zu uns kom-
men. Da gibt es eben viele, die nicht
auf dem Land oder in der Nähe einer
Ranch oder einer Farm aufgewachsen
sind und ins Leben dort haben hinein-
schnuppern können. Viele unserer Gä-
ste nehmen von ihremBesuch ein ganz
neues Verständnis für das Ranch- und
Landleben mit; sie fühlen sich nicht
„erzogen“, sondern bereichert.
Was gehört ins Reisegepäck?
Jay:
Stiefel natürlich, ein guter Hut,
Arbeitshandschuhe,lange,robusteJeans,
Sonnenbrille und Lust amAbenteuer.
Haben Eure Cowboys auch et-
was Spaß daran, mit den Gästen
zu arbeiten?
Jay:
Aber klar doch. Wir lieben es,
Menschen aus aller Welt hier bei uns
zu haben. Jeder von ihnen bringt sei-
ne eigenen Ansichten, seinWissen, sei-
ne Kultur mit zu uns. Und das beschert
auch unseren Mitarbeitern (Anm: im
englischen Original sagt Jay „hands“)
neue Erfahrungen und neues Wissen.
Macht’s den Pferden auch Spaß?
Jay:
Bei uns findet man nur gut
trainierte Arbeitspferde. Sie sind es ge-
wöhnt, mit den unterschiedlichsten
Reitern zurecht zu kommen.
Wo habt Ihr Eure Pferde her und
wie bereitet Ihr sie auf die Ar-
F re i z e i t · ERhOLUNG · West ern
Jay Doan beschreibt
das Leben auf der
Black Leg Ranch