Reiter-Kurier August 2018

Das Re i t er - Kur i er - I nt erv i ew Reiter-Kurier · August 2018 7 Das haben Sie ja vorher alles nicht gewusst, oder? Nein, da musste ich mich reinfüh- len. Die Lähmungshöhe ist bei mir recht weit oben. Meine Arme funkti- onieren, den Rest darunter kann ich nur bedingt steuern. Aber es ist re- lativ einfach für mich zu reiten. Ich reite im Westernsattel, habe also ei- nen Griff am Sattel, damit ich die Mitte fixieren kann. Im Sattel kann ich mich halten, weil meine Beine das Gewicht nach unten ziehen, da- durch wird mein Becken gerade und ich kann auch gerade sitzen. Was für ein Pferd reiten Sie? Mein Paolo ist ein Haflinger-Conne- mara-Hengst. Ich reite ihn gebisslos, er ist sensibel. Wenn er merkt, dass ich aus dem Gleichgewicht komme, setzt er seine Hinterbeine anders, er fängt mich permanent ab. Ich steu- ere ihn über die Bewegung meines Beckens: Wird sie kleiner und schnel- ler, dann trabt er an. Wenn ich tief ausatme, wird mein Becken fester als vorher und er bleibt stehen. Das sind feine Hilfen, das kann jeder. Und doch wird größtenteils ganz anders geritten. Das klingt zu einfach. Ist es aber nicht. Die Natur ist auf Einfachheit und Effizienz aufge- baut. Einstein hat völlig richtig ge- sagt: Wenn man?s einfach nicht er- klären kann, hat man?s nicht kapiert. In der Reiterwelt wird immer alles so kompliziert dargestellt. Was wird zum Beispiel für ein Aufriss gemacht um den Seitengang? Reiter trainie- ren monatelang den Seitengang! Da frage ich mich doch zuerst: Was ist ein Seitengang? Das Pferd geht seitlich, es tritt über. Genau, es tritt über. Ein Seitengang ist nichts anderes als die fließende Abfolge zwischen Vorhand- und Hinterhandwendung. Das bringe ich dem Pferd das doch zuerst bei! Das dauert keine zehn Minuten. Welche Hilfen geben Sie dazu? Bei einer Vorhandwendung von der linken Hand auf die rechte Hand stell ich Paolo etwas ein, versuche mein Gewicht auf das rechte Sitz- bein zu verlagern, also mehr Druck aufzubauen, ich schnalze, gebe also einen verbalen Impuls und er dreht rum. Fertig. Sie sprechen Klartext und neh- men kein Blatt vor den Mund. Eigentlich kein Wunder, dass Sie jetzt ein Fernsehstar werden. Wann ist es soweit? Durch meine Geschichte habe ich mit dem Hessischen Rundfunk in den vergangenen Jahren schon viel gedreht. Das hat sich immer weiter gefestigt. Der HR dreht gerade eine sechsteilige Doku über mein Leben, meine Arbeit, den Aufbau meines Pferdemediations- und Leistungs- zentrum bei Frankfurt. Ich werde dort mit Pferden arbeiten, die psy- chische Probleme haben und mit Hochleistungspferden, die einen Leistungsabfall haben. Wir drehen schon eine Weile und es soll noch vor Weihnachten gesendet werden. ? ? www.timo-ameruoso.de Interview: Judith Schmidhuber Foto: Timo Ameruoso Ein Mediator vermittelt in einem Kommunikations- prozess. Timo Ameruoso (40) hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Ver- ständnis zwischen Pferden und Men- schen zu verbessern.

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