Reiter-Kurier August 2019

Reittherapie, wie funktioniert das? V iele Therapeuten, die eine Intervention mit dem Pferd betreiben, bezeichnen sich als Reittherapeut. Dabei ist der Be- griff Therapeutisches Reiten eigentlich Oberbegriff für viele unterschiedliche Therapieformen mit dem Pferd. Es gibt viele verschiedene Institutionen, die Ausbildungen in diesem Bereich anbie- ten ? und einige Anbieter haben schon sehr lange Erfahrung auf diesem Gebiet. Am genauesten werden die verschiede- nen Bereiche beim ältesten Anbieter im Therapeutischen Reiten dem Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten (DKThR) aufgegliedert. Man unterschei- det folgende Bereiche: die pädagogische/ heilpädagogische Förderung mit dem Pferd, die pferdegestützte Psychothe- rapie, im medizinischen Bereich die Hippotherapie (physiotherapeutische Behandlung), die ergotherapeutische Behandlung mit dem Pferd, die logopä- dische Behandlung mit dem Pferd und im sportlichen Bereich der Pferdesport für Menschen mit Behinderung. Sportlicher Bereich Pferdesport für Menschen mit Behinderung Der Reitunterricht für Menschen mit Behinderung ist nicht unbedingt als The- rapie zu sehen. Hier geht es ganz klar um das Reiten, Voltigieren, oder Fahren ler- nen trotz Behinderung. Das hat an sich nichts mit Therapie zu tun. Im Zeitalter der Inklusion wird es aber immer wich- tiger, dass Reitlehrer eine Idee bekom- men, wie man mit Schülern, mit beson- deren Bedürfnissen umgehen kann. Gibt es Risiken, wenn ein Reitschüler eine Be- hinderung hat? Was muss das Pferd kön- nen? All diese Fragen können in einer fundierten Zusatzausbildung beantwor- tet werden. Auch werden Ideen entwi- ckelt, wie ein zeitgemäßes Miteinander von Reitern mit und ohne Behinderung gut funktionieren kann. Ziel der Ausbil- dung ist Reit-, Fahr- oder Voltigiertrai- ner so zu qualifizieren, dass sie Reitschü- lern die eine Behinderung haben egal ob geistiger, seelischer oder körperlicher Art, einen adäquaten Reitunterricht bie- ten können. Die bekanntesten Ausbilder in diesem Bereich sind das DKThR und die BLVThR(Bayrische Landesvereini- gung Therapeutisches Reiten). Medizinischer Bereich Hippotherapie Der Einsatz des Pferdes in der Therapie, hat seinen Ursprung in der Medizin. Daher ist die Hippotherapie wohl der äl- teste Bereich des TR. Hierbei handelt es sich um eine physiotherapeutische Be- handlung auf dem Pferd. Der Physiothe- rapeut nutzt die Bewegung, die das Pferd auf den aufrecht sitzenden Patienten überträgt um vorhandene Bewegungs- störungen zu behandeln. Die Bewe- gungsstörungen, können neurologische, orthopädische, aber auch internistische, gynäkologische , sowie unklare Ursachen haben. Der gut geschulte Physiothera- peut, wird auf ärztliche Verordnung, an- hand seines Befundes entscheiden wie er die Behandlung aufbaut. Dabei unterscheidet sich die Behandlung etwas danach, wo der Physiotherapeut seine Ausbildung zum Hippotherapeu- ten gemacht hat. Vergleicht man die zwei ältesten Ausbilder in Deutschland wiederum das DKThR und die DGH. So wird bei den Hippotherapeuten-DKThR, der Patient im geschützten Raum einer Halle oder eines eingefriedeten Reit- platzes, auf einem am Langzügel von einem Pferdeführer geführtem Pferd behandelt. Es wird die dreidimensionale Bewegungsübertragung vom im Schritt gehenden Pferd auf den aufrecht sitzen- den Reiter als Behandlungsgrundlage ge- sehen. Diese wird ergänzt durch verbale, taktile und optische Stimuli, sowie ge- zielte Grifftechniken, bei gleichzeitiger Auswahl von zielführenden Lektionen des Pferdes, wie Zirkel, Volten, Seiten- gängen oder Stop an Go?s. Zur Hippot- herapie-DKThR oder bei der DGH wer- den ausschließlich Physiotherapeuten und Ärzte ausgebildet und haben damit eine sehr fundierte Grundlage für Ihre Arbeit. Bei der DGH wird neben der stattfindenden Bewegungsübertragung eher auf gerader Linie im Gelände gear- beitet und bergauf und bergab genutzt. Außerdem wird der Patient auch zu ak- tiven Übungen auf dem Pferd, nach dem Konzept der Funkionellen Bewegungs- lehre angehalten. Alle anderen neuen Ausbildungen im Bereich der Hippo- therapie in Deutschland bewegen sich irgendwo dazwischen. Ergotherapie mit dem Pferd Der Einsatz des Pferdes unterstützt in der ergotherapeutischen Behandlung durch den entstehenden Bewegungs- dialog mit dem Pferd, dem Beziehungs- angebot Pferd-Therapeut-Klient und dem unmittelbaren Erfahrungsraum. Die Schwerpunkte liegen dabei in den Bereichen Sensorik, Motorik, Wahrneh- mung und Verhalten. Das DKThR ist hier der einzige Anbieter der momentan eine eigene Ausbildung nur für Ergothera- peuten anbietet. Logopädie mit dem Pferd Die logopädische Arbeit mit dem Pferd nutzt verschiedene Aspekte. Einerseits wird das Pferd als Motivator genutzt. Andererseits kann durch gezielte Ein- flussnahme auf den Muskeltonus, des auf dem Pferd sitzenden Patienten eine Idealisierung der Körperspannung er- reicht werden. Diese bildet dann die ideale Grundlage zum Spracherwerb, bzw. zur Sprachverbesserung. Aber auch die klare nonverbale Kommunikation des Pferdes mit Artgenossen oder Menschen kann das Tor zur Sprache bedeuten. Am bekanntes- ten in diesem Bereich ist die ?Bewegte Lo- Pferde haben eine erstaunliche Wirkung auf den menschlichen Körper und Geist. Es gibt jede Menge Möglichkeiten, Menschen mit Unterstützung der Pferde zu helfen. THERAPIEREITEN 8 | August 2019

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