Reiter-Kurier Mai 2019

Wie merken Sie denn, dass es ein Kutschenneuling kann? Das merke ich schon. Bei uns haben über 1000 Leute das Fahrab- zeichen abgelegt. Da ist noch keiner durchgefallen. Aber ich habe schon zu einigen gesagt, ?du brauchst noch eine Woche länger, bis du es kannst?. Es kommen auch Kursteilnehmer ohne jegliche Vorkenntnisse im Umgang mit Pferden. Das sind zum Beispiel Eltern, die ihrer Tochter ein Pferd gekauft haben, die sich aber dafür nicht mehr interessiert. Damit es nicht nur rumsteht, wollen die Eltern dann Kutsche fahren lernen. Das dauert dann schon länger als zwei Wochen. Und ich bin ehrlich: Manche schicke ich auch zu anderen Fahrleh- rern. Was für Eigenschaften sollte man als Anfänger mitbringen? Ein Gespür fürs Tier. Ob das eine Kuh ist, ein Hund oder ein Pferd ? das ist eigentlich immer gleich. Das Ge- spür muss da sein beim Umgang mit dem Pferd. Als Reiter muss ich wissen, schaff ich das, das Pferd zu lenken und zu bremsen, oder nicht? Und das muss der Kutscher auch wissen. Da brauche ich einfach eine gewisse Ausbildung. Ich bin auf einem Bauernhof groß ge- worden, wir hatten immer Rösser, ich kenne das von klein auf. Aber das gibt es ja heute nicht mehr. Aber es gibt keine rechtliche Voraussetzung? Nein. Obwohl man im Straßenverkehr teilnimmt? Und wenn etwas passiert? Dann brauchst du eine Versicherung. Schauen Sie sich Umritte oder Festzüge an? Nein. Wenn ich mitfahre, dann bin ich mit meinem Gespann be- schäftigt. Das ist immer ein heißes Spiel, ein Festzug ist immer etwas anders als eine normale Situation. Es gibt Leute, die nur Festzüge fahren, die das souverän machen. Aber es gibt auch viele, die einmal im Jahr einspannen und dann gleich auf einem Festzug. Braucht es immer einen Beifah- rer am Kutschbock? In der Regel ja. Bei uns sind die Fahrer allein unterwegs, sie spannen sogar allein ein. Aber dazu muss man sagen, dass die Pferde das gewohnt sind. Sie haben Routine. Jedes Pferd, das imWald draußen eingesetzt wird, bleibt auch stehen, wenn man den Baumstamm anhängt. Man muss schon unterscheiden: Fährt man hin und wieder oder fährt man jeden Tag. Wie halten Sie Ihre Kutschpferde? Nachts in der Box. Wenn sie nicht angespannt werden, kommen sie tagsüber auf die Koppel oder einen großen Sandauslauf. Bei uns ist das die geeignete Haltung, weil die Pferde sich so viel bewegen. Wenn ein Pferd mal fünf, sechs Stunden im Geschirr geht, dann ist es froh, wenn es in seiner Box in Ruhe fressen und sich ausruhen kann. Ihre Kutschen bauen Sie selbst? Ja, für die letzte haben wir auf der Insel drei Eschen ausgesucht und sie daraus gebaut. Jedes Jahr imWinter zerlegen wir eine Kutsche komplett, die wird dann hergerichtet, dass sie wie neu aussieht. Auch das Lederzeug pflegen und reparieren wir selbst. Nächstes Jahr werden wir wieder eine neue Kutsche bauen. 2021 ist die bay- erische Landesausstellung, dann wird sie gebraucht, da werden sehr viele Schlossbesucher mit den Kutschen mitfahren wollen. Das sind Sie ja gewohnt. Ich kenne die Insel eigentlich nur mit vielen Besuchern. Vor allem im Sommer. Wir fahren in der Regel mit so vielen Kutschen, wie Leute mitfahren wollen. Auf den beiden größten Kut- schen haben 20 Fahrgäste Platz Sie haben lauter leichte Kaltblü- ter, vor allem Süddeutsche. Warum gerade diese Rasse? Die sind kräftig und ausdau- ernd. Unsere Pferde sind die Arbeit gewohnt. Und wichtig ist, dass sie eingearbeitet sind. Deswegen halte ich im Frühjahr und Herbst Fahrkurse ab. Im Dezember, Januar und Februar haben die Pferde frei, da kommen sie den ganzen Tag raus auf die Koppel. Im Frühjahr geht es dann wieder los, sie gehen bei den Kursen jeden Tag oder jeden zweiten Tag zwei, drei Stunden vor der Kutsche. Dann passt die Kondition zur Hauptsaison. Und sie bleiben gesund. ?Der Kutschen- führerschein ist ein Schmarrn.? 7 Mai 2019 |

RkJQdWJsaXNoZXIy MTQ0MQ==