Reiter-Kurier Februar 2019

Wie geht?s dem Pferd? Wie geht?s dem Besitzer? Nach den zwei Gesichtspunkten lassen sich Pferde- ställe beurteilen. Wenn am Ende die Bedürfnisse des Pferdes siegen, ist man auf einem guten Weg. Zuerst eine unbequeme Gegenfrage: Wann ist ein Stall unmodern? Boxen- ställe, die über wenig Licht verfügen und in denen die Pferde nur durch deckenho- he Gitter auf die Stallgasse und zu ihrem Boxennachbarn blicken können, stellen sicherlich nicht mehr das Maß aller Din- ge dar. Erst recht nicht, wenn den Pfer- den dort mehrstündiger freier Auslauf mit Artgenossen verwehrt bleibt. Und trotzdem gibt es sie immer noch ? und nicht zu wenige. Selbiges gilt für Unter- stände, vor denen Pferde in Schlamm- löchern herumturnen müssen, oft mit Mauke und Sehnenschäden. Unprofes- sionell gemachte Offenställe haben die- ser Haltungsform einen schlechten Ruf eingebracht. Tatsächlich hat sich in der Pferdehaltung viel getan und viel ver- bessert. Vor dreißig Jahren waren Innenbo- xen Standard, Außenboxen mit Fenster sehr modern und welche mit drei Mal drei Meter großem Paddock davor Lu- xus. Man holte das Pferd zum Reiten raus und stellte es dort im Anschluss wieder ab. War es gesund und brachte unterm Sattel Leistung, schien alles ok zu sein. Aber dann begannen immer mehr Wissenschaftler, idealistische Pferdehalter und wissbegierige Pfer- defreunde mit Nachforschungen: In freier Natur fressen und marschieren Pferde den ganzen Tag. Ihr Körper ist darauf ausgelegt, mehr oder weniger pausenlos kleine Mengen Raufutter zu fressen. Pferde sind Herdentiere, sie brauchen Kontakt zu Artgenossen, sie wollen schnuppern, knabbern, spielen. Sie fühlen sich mit Rundumblick sicher, wenn sie ihre Umgebung beobachten können. Und und und. Aus vielen Grün- den wird es auch weiterhin Boxenställe geben. Das liegt am Können oder Wol- len. Etwa, weil ein Umbau nicht in- frage kommt, die bauliche Enge in der Gegend keine andere Haltung zulässt, die Pferde im Sport laufen und die Be- sitzer davor zurückschrecken, die Kont- rolle über das Wohlergehen ihres Tieres aus der Hand zu geben. Außerdem ist nicht jedes Pferd gruppentauglich (sie- he Folgeartikel). Und vermutlich gibt es auch Pferdebesitzer, die es einfach praktisch finden, ihr Pferd sauber in der Box vorzufinden. Die gesetzlich vor- geschriebenen Mindestanforderungen für Pferdeboxen stellen aber bestenfalls Kompromisse dar. Klar ist: Mehr geht immer! 23 Februar 2019 |

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