Reiter-Kurier Oktober 2019

25 Oktober 2019 | RentneralsAnfängerpferde? Jabitte! Liebe Holiday! Groß und schwarz. Das waren die Worte, die mir in den Sinn kamen, als ich dich das erste Mal sah. Ich war 13 und zierlich, du eine stattliche Warmblutstute, die Chefin in deiner Herde. Neun Fohlen hattest du zuvor bekommen und Dressur-Erfolge erzielt. Über Umwege hat mein Papa von dir erfahren. Ich weiß noch genau, dass ich mir auf der Hinfahrt zum Probereiten keine Hoffnungen machte: Gleich nach einem Shet- landpony auf ein Warmblut umsteigen? Mit meinen spärlichen Reitkünsten? Aber mein Papa war guter Dinge, hatte auch kein Problem damit, dass du schon 17 Jahre alt warst und optisch viel zu groß für mich. ?Ihre Tochter wird viel von ihr lernen können?, hat die Dame am Stall zu ihm gesagt. Sie sollte recht behalten. Deine Gutmütigkeit hat es mir leicht gemacht, Pferde- närrin zu bleiben. Ich kann mich nicht daran erinnern, in deiner Gegenwart je ängstlich gewesen zu sein. So oft sind wir gemeinsam durch die Wälder gestreift, sind mit anderen um die Wette galoppiert ? und haben übrigens immer gewonnen, weil du mit deinen 1,72 Meter stets die Größte warst. Weil du so brav warst, hat sich sogar meine Mama getraut zu reiten! Mit dir zusammen war es später ein Kinderspiel, mein Jungpferd ans Gelände zu gewöhnen. Überhaupt: Wenn du dabei warst, dann übertrug sich deine Coolness auf alle anderen. So oft bin ich bei dir auf der Weide gesessen, habe dich selig angeschaut und mich gefreut, wenn du mir übers Gesicht geschlabbert hast. Mit 28 hat die Arthrose begonnen dir zu schaffen zu machen. Ich bin dann nicht mehr auf dir geritten, aber du hast uns noch lange als Handpferd auf gemütlichen Ausrit- ten begleitet. Weil du so eine Liebe warst, erlaubte dir mein Papa, dass du frei im Hof herumspazieren durftest. (Wenn auch manchmal zähneknirschend, wenn du einen Haufen auf dem Rasen hinterlassen hast.) Jeder kannte dich, jeder mochte dich. Als einmal durch Zufall der Sohn deines ersten Besitzers auf unserem Hof war, konnte er es gar nicht glauben, dich zu sehen: Mit dir hatte er damals seine Zucht begonnen. Du warst 32, als wir uns von dir verabschiedet haben. Wenn ich an dich denke, muss ich lächeln. Wir hatten eine tolle Zeit, du hast mir unzählige Erinnerungen beschert. Ich danke dir, dass ich mit dir erwachsen werden konnte. Deine Judith SO ALT IST MEIN PFERD INMENSCHENJAHREN Beim Pferd hängt das physiologische Alter nicht von der Zahl auf den Papie- ren ab, sondern von der Genetik und der Umwelt. Bei Hunden geht man pro Lebensjahr von sieben Menschen- jahren aus, beim Pferd haben ameri- kanische Forscher eine andere Tabelle errechnet. Demnach altert das Pferd nicht etwa linear: Das erste Lebensjahr des Pferdes steht für zwölf menschliche Jahre. Das zweite Pferdelebensjahr für sieben menschliche Jahre. Für Pferde- lebensjahr drei, vier und fünf addiert man je vier Menschenjahre hinzu. Ab dem sechsten Lebensjahr rechnet man für jedes Jahr zweieinhalb Menschen- jahre. Das heißt, ein siebenjähriges Pferd ist auf Menschenjahre umgerech- net 36, ein 19-jähriges 66. Erreicht ein Pferd ein Alter von 33 Jahren, ist es stolze 101 Menschenjahre alt.

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