Reiter-Kurier Juli 2019

?Fürmich ist dieAnlehnung inder AusbildungsskaladerwichtigstePunkt? Passend zumThema ?Ausbildung und Jobs rund ums Pferd? hat uns Moritz Straub Fragen rund um seinen Beruf beantwortet. Drei Fragen an... Moritz Straub Berufsreiter Sie sind Berufsreiter. Wofür schlägt Ihr Herz in diesem Beruf? Die Aufgaben eines Pferdewirts oder Berufsreiters, der gut in seinem Job ist, sind viel umfangreicher und anspruchs- voller, als man im ersten Moment denkt. Ein kompetentener Berufsreiter muss Kenntnisse in Reiterei und Pferdeaus- bildung, Hufbeschlag, Besattelung und Veterinärmedizin haben. Wir spre- chen hier also von einem sehr grossen Wissensspektrum, dem sich aber leider nur wenige Kollegen bedienen können, dies meist aus mangelndem Interesse an dieses Themen. Neben der Ausbildung von Dressurpferden bis hin zur Reife für die höchsten Klassen, schlägt mein Herz speziell für diese "Nebenthemen". Hier kann man viel bewirken als Berufs- reiter, der sich diesemWissenspektrum bedienen kann. ZB habe ich mit Kieffer eine Produktlinie und einen innovativen Dressursattel mit extremer Bewegungs- freiheit in Arbeit der im Juli auf den Markt kommt. Ich würde also sagen, dass mein Herz besonders für Besat- telung und Orthopädie schlägt, neben unseren Unternehmensschwerpunkten als Ausbildungsstall. Wie wichtig ist Anlehnung, und was bedeutet das? Für mich ist die Anlehnung in der Aus- bildungsskala der wichtigste Punkt. Dies aus dem ganz einfachen Grund, dass eine federnde, stetige Anlehnung mit rich- tiger Kopfposition und schwingendem Rücken nur zu Stande kommt, wenn alle anderen Grundpunkte der Ausbildungs- skala erreicht sind. Zudem spiegelt die Anlehnung das Vetrauensverhältnis zwischen Reiter und Pferd wieder. Ein Pferd, dass in korrekter Anlehnung geht, scheut zB beim Reiten viel weni- ger als ein Pferd das zu viel Spannung hat, um in reeller Anlehnung zu gehen. Wenn die Pferde nervös, ängstlich oder widerwillig sind, wird keines der Pferde in reeller Anlehnung gehen. Aus der Er- fahrung heraus kann ich sagen, dass es keine "glotzenden" Pferde gibt. Es gibt nur Pferde die eine falsche oder keine Anlehnung haben. Hier ist der Ausbilder gefragt, seinem Pferd durch die Reiter- hand Sicherheit zu geben, wofür vor al- lem die Losgelassenheit der wichtigste "Verbindungspunkt" der "Anlehnung? in der Ausbildungsskala ist. Achten Sie mal darauf, welche Pferde auf dem Turnier oft scheuen oder wegspringen!- Sie wer- den erkennen, dass die Anlehnung nicht passt. Oft sieht man eingerollte Hälse, keine Kautätigkeit, offenes Maul, Raus- heben, Blockieren oder Durchgehen, speziell auf Abreiteplätzen für Jungpfer- deprüfungen. Hier gilt es, zu Hause die Anlehnung zu verbessern und nicht auf dem Turnier die Pferde auf Biegen und Brechen durch die Prüfung zu quetschen. Zusammenfassend kann man also sagen, dass eine rittige, durchlässige Prüfung in welcher Klasse auch immer, genauso wie ein enspannter Ausritt bei dem das Pferd reell durchs Genick geht, nur mit richti- ger Anlehnung zu Stande kommt. Was versteht man unter Versammlung und warum wird sie angestrebt? "Versammlung" ist im Prinzip ein Syn- onym für eine Thematik, die dem phy- sikalischen Prinzip der Schwerpunkts- verlagerung entspringt. Das Pferd trägt natürlicher Weise ca 3/5tel seines Ge- wichtes auf der Vorhand. Wenn man also ein Reitpferd regelmässig in Trab und Galopp in der Bahn bewegt, was nicht der natürlichen Belastung der Knochen und Gelenken enspricht, da die Pferde in freier Wildbahn vorwiegend gerade- aus gehen oder laufen, rufen wir also zwangläufig eine Überbelastung der Vor- dergliedmassen hervor. Um also mehr Gewicht auf die Hinterhand zu verla- gern und die Vorhand somit zu entlas- ten, kommt die Versammlung ins Spiel. Durch korrekt gerittene Übergänge in Tempo und Gangart, sowie zielgerich- tetes Ausbauen der Tragkraft der Pfer- de, erlangen die Pferde die Fähigkeit ihre Hanken (hintere Bein-Gelenke) zu beugen und die Hinterhand unter den Schwerpunkt zu bringen. Wichtig ist hier, dass dem Pferd die Möglichkeit ge- ben wird, den Kopf nach oben zu bringen und auch den Brustkorb zu heben sowie die Bauchmuskeln anzuspannen wie auch den Rücken aufzuwölben. Hier ist es wichtig in der Anfangsqhase die Pfer- de extra "gross im Rahmen" zu lassen, hier kann das Pferd sich über den Hals balancieren und sich Schritt für Schritt steigern. Man könnte also sagen, dass die Versammlung angestrebt wird um die Vorhand der Pferde bei reitsportli- cher Belastung gesund zu erhalten. Interview: Antonia Lauber Foto: Moritz Straub 15 Juli 2019 |

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