Reiter-Kurier April 2019

Oft sieht man Brianne ja auch auf Turnieren, aber seit sie zur Schule geht, ist es sicher nicht immer möglich, einen großen Familien- ausflug aus dem Turniersport zu machen. Wie gelingt das Leben zwischen Top-Sport und Familie in Ihrem Fall so perfekt? Markus Beerbaum: Besonders schön ist das natürlich in Florida für uns. Wir sind dann drei Monate an einem Ort und können ganz viel Zeit als Familie zusammen ver- bringen. Deshalb ist diese Reise für uns immer etwas Besonderes. Nach Florida im April/Mai wird es etwas schwieriger, da wir dann viel auf Turnieren unterwegs sind und Brianne zur Schule geht. Aber in den Sommerferien geht es dann wieder prima und sie kommt auf alle Turniere mit. Sie genießt diese Zeit sehr, denn da hinein fallen ja auch Sachen wir Aachen. Das passt dann perfekt. Die Highlights kann sie alle miterleben. Meredith Michaels-Beerbaum: Für mich ist Wellington einfach ein perfekter Ort, um junge Pferde auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Sie lernen so viel während dieser Zeit. Am Ende sind sie teilweise völlig verändert, weil sie so viel Turnier- erfahrung mitnehmen dürfen. Sie bekommen einen ganz außerge- wöhnlichen Erfahrungsschatz mit, da sie immer und immer wieder neue Prüfungen gehen können. Und selbstverständlich genieße ich eben- falls jeden Moment hier gemeinsam als Familie. Was vermissen Sie in Sachen Heimat, wenn Sie beispielsweise jedes Jahr drei bis vier Monate in Florida sind? Ist aber auch Florida für Sie und Ihre Familie eine Art Heimat geworden? Markus Beerbaum: Ich genieße die Zeit in Florida auf jeden Fall, da wir alle zusammen sind. Außerdem ist das Wetter dort sehr schön und wir freuen uns immer, auch die Familie Clark wiederzusehen. Aber man muss natürlich er- wähnen, dass die Reise nach Florida mit viel Logistik verbunden ist. Das ist ein großer Aufwand, die Pferde dorthin zu bekommen. Irgendwann wird das bestimmt etwas weniger werden. Aber jetzt waren wir 19 Mal in Florida im Winter, zwei Mal auch in Kalifornien. Wir werden sehen, wie lange wir diesen Aufwand noch betreiben. Irgendwann wird es für Brianne ja auch in der Schule etwas ernster und dann wird es vermutlich weniger werden. Aber momentan ge- nießen wir auch die USA. Heimat ist aber eben doch Heimat und für mich ist und bleibt das Niedersachsen. Welchen Tipp würden Sie jungen Reitern, die noch am Anfang ihrer Turnierkarriere stehen, ganz speziell mitgeben? Meredith Michaels-Beerbaum: Mein Rat ist auf jeden Fall, immer auf ihre Pferde zu hören, was sie mitteilen möchten. Man muss immer in sein Pferd hineinhorchen. Sie haben ganz unterschiedliches Temperament, Stimmungen, Vor- lieben. Um ein guter Reiter zu sein, muss man immer zuerst darauf ein- gehen. Viele Reiter ? gerade, wenn sie sportliche Ambitionen haben ? denken, sie müssten dem Pferd alles sagen und sich durchsetzen. Aber es geht um eine Zusammen- arbeit mit dem Pferd. Das ist mein Rat, wie man am besten mit Pfer- den Erfolge erzielen kann ? aber auch, wie man mit ihnen glücklich lebt und ihnen ein schönes Leben gibt. Wie gehen Sie beim alltäglichen Training Ihrer Pferde vor? Meredith Michaels-Beerbaum: Es steht immer die Frage im Raum: Was braucht mein Pferd? Ich begin- ne mein Training immer am losen Zügel, lasse die Pferde frei und ent- spannt laufen. Mir ist die physische wie psychische Losgelassenheit der Pferde ganz wichtig. Ich möchte in mein Pferde hineinhorchen und mit ihm kommunizieren. Ich frage sie praktisch ?Wie geht es dir heute?? und ?Wonach ist dir?? Ich gehe immer darauf ein, wie meine Pferde am besten springen können. Bei Checkmate war das beispiels- weise mit hocherhobenem Kopf. Er machte das so perfekt, dass es Unsinn gewesen wäre, ihn dazu zu zwingen, durchs Genick zu gehen. Wer sein Pferd in Haltung ziehen möchte, bekommt eine starre und starke Hand. Das Pferd kämpft da- gegen und wird immer fester. Das ist der falsche Weg. Ausbalancierte Bewegungen sind meiner Ansicht nach mit einem Pferd, dessen Kopf auf die Brust gezogen wird, kaum möglich. Sie sprachen vorhin davon, ins Pferd hineinzuhorchen. Welche Fragen sollte sich der Reiter denn konkret stellen? Meredith Michaels-Beerbaum: Man sollte täglich alles, was ge- schieht, reflektieren. Beim Turnier kann das zum Beispiel sein: War mein Pferd müde oder war es zu munter? Was könnte der Grund ge- wesen sein? Hat es zu viele Turniere hinter sich? Muss es erst wieder in den Turnierrhythmus hineinfinden? Muss ich etwas an der Fütterung oder Vorbereitung verändern? Ist es besser, wenn das letzte Trainings- springen ein oder eher drei Tage zuvor stattfindet? Welcher Boden liegt meinem Pferd? Soll ich es bes- ser mit oder ohne Gerte reiten? War die Wahl des Gebisses richtig? Ein Pferd ist keine Maschine, das gilt es immer zu bedenken. Der Spaß und die Freude stehen im Vordergrund ? auch fürs Pferd! Alexandra Koch MBB inspirierte sie vor 12 Jahren zum Reitsportjournalismus redaktion@reiterkurier.de 8 | April 2019

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