Reiter-Kurier März 2019

E in cooler Hut, ein bequemer Sattel und ein Pferd, das mit minimaler Hilfengebung unbeeindruckt jedes Aben- teuer mitmacht. Westernreiten verbindet man mit einem Naturerlebnis, mit in- niger Verbundheit zum Pferd. Und klar: Den lässigen Cowboy haben Freizeitreiter stets im Hinterkopf. Immerhin haben die nordamerikanischen Kuhtreiber diese Reitweise geprägt. Pferde sind für sie seit jeher unverzichtbar: Um Rinderherden über schier endlose Weiden zu treiben, müssen die Pferde ausdauernd, wendig und wohlerzogen sein. Um das Lasso schwingen zu können, reiten Cowboys einhändig. Vom Pferd wird verlangt, am langen Zügel sämtliche Manöver selb- ständig auszuführen ? animiert durch Schenkel- und Gewichtshilfen. Dennoch hat?s der Cowboy nicht erfunden ? nur geprägt. Westernreiten hat sich aus ver- schiedenen Reitweisen entwickelt, von den spanischen Eroberern, über die Mexi- kaner bis hin zu den Indianern ? die ohne Sattel und nahezu jegliche Hilfsmittel auskamen. Im 20. Jahrhundert hat Jean-Claude Dys- li das Westernreiten in Europa etabliert. Er plädierte dafür, so wenig wie möglich mit den Zügeln und Schenkeln auf das Pferd einzuwirken. Dafür hätten die Cow- boys auch gar keine Zeit gehabt. Es gilt die Devise: wenig Einwirkung ? vertrau- ensvolles Verhältnis. Heutzutage erfreut sich Westernreiten auch aufgrund dieser Leichtigkeit größter Beliebtheit. Freizeit- reiter wollen den lässigen Cowboys nach- eifern und unerschrockenen Reitpferde unterm Sattel haben. Im Grunde genom- men wird von einemWesternpferd nichts anderes verlangt, als das was für jedes Reitpferd gilt: Takt, Losgelassenheit, Nachgiebigkeit, Geraderichtung, eine ak- tive Hinterhand und Durchlässigkeit. Um das zu erreichen, sind die Westernreiter allerdings viel freier in ihrer Vorgehens- weise, als in der klassischen Reitweise. Bis vor zehn Jahren gab es noch nicht ein- mal festgeschriebene Grundlagen für die Ausbildung von Westernpferd und -reiter (siehe Buchtipp Seite 15). Diese Freiheit weiß Christian Laukemper zu schätzen. Der Westerntrainer-A trainiert Reitschü- ler auf seiner Anlage am Simssee (Land- kreis Rosenheim). Bundesweite Bekannt- heit erlangte er als Mitglied der Working Equitation Nationalmannschaft ? als einziger im Westernsattel. Er strebt Har- monie und Einheit von Pferd und Reiter an, damit sie als Team jedes gewünsche Manöver in perfekter Balance leicht aus- führen können. ?Unter Berücksichtigung seiner körperlichen Voraussetzung, kann das Pferd mit gezielten Übungen alle not- wendigen Ausbildungsschritte lernen, die es physisch und psychisch in die Lage versetzt, alle Western-Manöver in den verschieden Disziplinen gelassen auszu- führen?, so Laukemper. Die reiterlichen Hilfen werden dabei so wenig wie mög- lich, so viel wie nötig und im Rythmus des jeweiligen Bewegungsablaufes des Pferdes gegeben. Während die klassische Reitweise auf An- lehnung und Paraden als Kommunikati- onsmittel setzt, geht es beim Westernrei- ten um Impulse. Treibt der Westernreiter sein Pferd beispielsweise zum Trab an, soll das Pferd so lange traben, bis ein neu- er Impuls kommt ? in Form einer Schen- kel-, Gewichts-, Zügel- oder Stimmhilfe. Die Hilfen stellen sich ähnlich dar, wenn auch einfacher und mitunter sogar (bei den Stimmhilfen) typisch amerikanisch: Zum Anreiten lehnt man sich leicht nach vorn, Richtungswechsel macht man dem Pferd mit Gewichtsverlagerung in die ge- wünschte Richtung verständlich. Die Zü- gel sind lang, sie liegen beim Richtungs- wechsel am Hals an oder werden von ihm wegbewegt, was gern wie zwei Tü- ren veranschaulicht wird: Die eine geht auf, die andere zu. Bei ?easy? wird es langsamer, auf ?Whoa? stoppt das Pferd. Hört es ?Back? geht es rückwärts und die ?Bussi?-Hilfe lässt das Pferd angaloppie- ren. Das ist jetzt sehr vereinfacht aus- gedrückt und spiegelt die angestrebte Lässigkeit wider. Tatsächlich wird von Pferd und Reiter viel mehr Können und Wissen verlangt, um die gewünschte Leichtigkeit des Westernreitens erleben zu können. ?Hilfen so wenig wie möglich, so viel wie nötig und im Rhythmus des Bewegungsablaufes.? Christian Laukemper Westerntrainer-A 11 März 2019 |