Reiter-Kurier Oktober 2018

Gesunde Huf e Ohne Huf kein Pferd Vor lauter Forschung und neuen Erkenntnissen über Hufschutz dürfen die Grundlagen nicht in Vergessenheit geraten: Das Pferd muss auf seinen Hufen laufen können. Und dazu braucht es Wissen und einige Voraussetzungen. W er Pferde hält, wer reitet und sogar wer auch nur an- satzweise die Grundlagen der Pferdegesundheit kennen möch- te, der sollte über Hufe Bescheid wis- sen. Pferde sind Lauftiere, sie stehen und gehen auf ihren Hufen. Die gu- te alte Schule hat dabei Ergänzung in Form von fortschreitender Forschung und neuen Materialien nötig. Das geht bei der Tatsache los, dass ein Pferd oh- ne Hufeisen zur Welt kommt ? und sich in vielen Reitställen trotzdem die Meinung hält, es könne ohne Beschlag nicht laufen. Richtig ist, dass man mit einem Beschlag einen möglicherweise größeren Nutzen aus dem Pferd zie- hen kann. So hielt man es zumindest im Mittelalter, als der Hufbeschlag als eine Art Gehhilfe erfunden wurde. In der damaligen Zeit wusste man nichts über artgerechte Haltung, das Pferd musste als Arbeitsgerät funktionieren. Heute sind Pferdebesitzer weitaus of- fener dafür, ihr Pferd unter guten Be- dingungen unterzubringen und es da- hingehend zu unterstützen, gesunde Hufe zu erhalten oder zu entwickeln. Stimmen die Voraussetzungen, ver- setzt man das Pferd nämlich sehr wohl in die Lage, ohne zusätzlichen Schutz laufen zu können. Die Frage ist nur, ob man ohne Hufschutz auch arbeiten kann. Das hängt vor allem vom Untergrund und der Intensität ab. Unseren Hauspfer- den fehlt nun einmal die ausreichend natürliche Bewegung auf verschie- denen Untergründen, bei der die Hu- fe sich an die benötigte Belastung an- passen können. Über einen Schotter- weg galoppieren, wenn das Pferd nur auf Gummimatte und Wiese steht? Kaummöglich. Ein Hufschutz ist dazu da, das Pferd leistungsfähiger zu ma- chen. Eben damit es über ungewohnt harte oder steinige Böden laufen kann. Oder, damit beispielsweise ein Spring­ reiter auf nasser Wiese vor dem Hin- dernis den Halt nicht verliert. Und da gibt es heutzutage mit einer Reihe von Hufschuhen und alternativen Beschlä- gen aus Gummi und Kunststoff weit- aus mehr Möglich- keiten, als das ins Horn genagelte Ei- sen aus dem Mittel- alter. Die Erkenntnis, dass ein leistungsfähiger Barhuf einen Hufschutz überflüssig macht, treibt viele Pferdebesitzer überhaupt erst an, mehr über Hufe in Erfahrung zu brin- gen. Zum einen aus Kostengründen, vielmehr aber deshalb, um das Pferde- leben so natürlich wie nur möglich zu gestalten. Da kommen Mustanghufe ins Spiel, die kurze, runde Zehen auf- weisen. Zwangsläufig beschäftigt man sich mit Böden, über die Pferde laufen und eine ausgewogene Ernährung ? alles spielt zusammen. Viel zu oft be- kommen Pferde zu viel Futter. Fettlei- bigkeit führt zu Stoffwechselproble- men und die haben in der Regel Huf- krankheiten wie Rehe zur Folge. Viel zu oft stehen Pferde zu weich. Bewe- gung auf hartem Untergrund sorgt für Abrieb undWiderstand, was das Horn- wachstum anregt. Abrieb und Wachs- tum sollten sich die Waage halten ? in der Praxis lässt sich das aber kaum erreichen. Daher ist die regelmäßi- ge Hufbearbeitung nötig, damit sich Unregelmäßigkeiten vorbeugen las- sen, die Auswirkungen auf das ganze Pferd haben. Sechswöchige Intervalle sind üblich, keinesfalls länger. Pro Mo- nat wächst der Tragrand des Hufs ei- nen Zentimeter ? imSommer mehr, im Winter weniger. Wird er nicht gekürzt, werden die Hufe schief, entwickeln lan- ge Zehnen oder bekommen verbogene Wände ? das gilt für beschlagene wie unbeschlagene Hufe. Ein Haus, das auf einem weichen Untergrund steht, bekommt erst Risse, dann immer offensichtlichere Mängel. Die Folgeschäden sind irgendwann gra- vierend, das Gebäude wird nie mehr bewohnbar sein. Diesen Vergleich zieht Rosi Schnitzenbaumer beim The- ma Hufe. Die Hufpflegerin, Pferdeos- teopathin und Autorin des Lehrbuchs zur klassischen Hufbearbeitung aus Bad Feilnbach (Landkreis Rosenheim) bringt damit die Bedeutung auf den Punkt, die der Huf für das ganze Pferd hat: ?Ohne eine gute Basis wird das Gebäude instabil. So ist es bei den Hu- fen auch. Werden sie korrekt gepflegt und bearbeitet und das Körpergewicht gleichmäßig auf alle vier Hufe verteilt, kann man für das Pferd eine um ein vielfach höhere Gesunderhaltung er- warten.? Text und Foto: Judith Schmidhuber 22 Reiter-Kurier · Oktober 2018 Korrekte Pflege und Bearbeitung sorgt für eine vielfach höhere Gesunderhaltung? Rosi Schnitzenbaumer, Hufpflegerin

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