Reiter-Kurier Oktober 2018

12 Reiter-Kurier · Oktober 2018 Wohlfühlen bei Minusgraden P ferde haben ein völlig anderes Wärme- und Kälteempfinden als Menschen. Sie halten sich durch eine erhöhte Stoffwechseltätig- keit warm und können dabei sogar ih- re Blutzirkulation und Herzfrequenz steuern. Der Herzschlag verlang- samt sich bei Kälte, was bedeutet, dass die Gefäße sich zusammenziehen. Da- durch kommt weniger Blut an die Kör- peroberfläche und weniger Wärme geht verloren. Die Deck- und Unter- haare eines dichten Winterfells kann das Pferd zusätzlich aufstellen, was ein isolierendes Luftpolster verursacht. Pferde fühlen sich dadurch bei Tempe- raturen von -15°C bis 25°C wohl. Das Optimum dabei befindet sich bei 5°C, was bedeutet, dass der Stoffwechsel dann ideal funktioniert. Pferde können sich demnach bei Temperaturen wohl- fühlen, bei denen wir Menschen schon restlos bibbern. Aber wir haben eben auch ?nur? unsere Kleidung als ?Fell?. DasWinterfell sorgt für den Schutz des Pferdes bei niedrigen Tempera- turen und allen äußeren Einflüssen, wie Wind und Regen, die der Winter für die Pferde mit sich bringt. Das Pro- blemdabei: Die Natur geht je nach Ras- se häufig davon aus, dass unsere Pferde immer noch in der Steppe den ganzen Tag draußen verbringen. Reiten ist da- bei nicht eingeplant. Der Winter ist bei Wildpferden vielmehr eine Zeit der Ruhe ? ganz anders als im reitstall- oder turniergeprägten Alltag heu- tiger Sport- und Freizeitpferde. Des- halb muss die moderne Nutzung des Pferdes mit dessen genetischen Veran- lagungen in Einklang gebracht werden. Zu unterscheiden sind Süd- und Nordpferde. Südliche Rassen, wie etwa Arabisches Vollblut, Andalusier, Lu- sitano, Berber oder südamerikanischen Rassen, haben ein sehr feines Winter- fell, weshalb das Scheren häufig über- haupt nicht nötig ist. ?Nordpferde? wie etwa Haflinger, Isländer oder Fjord- pferde dagegen haben ein sehr dich- tes Fell und schwitzen daher schnell in den Wintermonaten. Es gibt mehrere Situationen, in denen das Scheren Vorteile bringt: Gerade bei Tur- nierpferden kann es notwendig wer- den, sie komplett zu scheren. Im Training kommen sie mit Winterfell übermäßig ins Schwitzen. Selbst durch Trockenreiten ist es oft kaum möglich, dass langes Fell nach dem Reiten komplett abtrocknet. Die Gefahr von Erkältungen wächst. Auch ist das Leistungsvermögen durch den Hitzestau unter dem Winterfell meist geringer. Sorgsames Scheren mit den rich- tigen Schermustern ? etwa eine Schweißrinne am Hals ? kann dem Pferd das winterliche Training erleich- tern, da der Schweiß oft besser ab- trocknet. Für Pferde, die draußen ge- ritten werden, empfiehlt sich etwa der Jagdschnitt, bei dem am Rücken und an den Beinen das Winterfell nicht ge- schoren wird. Bedenken muss man aber auch Die Thermoregulation ist eine Eigenschaft, die Mensch und Pferd grundlegend unterscheidet. Die gilt es zu durchdenken, bevor man Scheren und Eindecken in Betracht zieht. Der Stoffwechsel funktioniert ideal bei fünf Grad." Scheren & E i ndecken

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