Reiter-Kurier Mai 2018

T i t e lthema Horsemansh i p Punktgenaue Kopfhaltung Wie unterschiedlich Halfter, Knotenhalfter und Kappzaum die Verbindung zum Pferd herstellen Hinter jedem Busch ein Gespenst Pferde sind Weltmeister im Hören. Ihre Ohren sind Fluch und Segen zugleich. S ie sehen zwar nicht besonders scharf, im Hören macht Pfer- den dagegen keiner was vor: So- gar Ultraschalltöne nehmen sie wahr ? also viel mehr als der Mensch. Die gu- ten Ohren sind das Rüstzeug, dass den Pferden mitgegeben worden sind, um in der Wildnis zu überleben und Feinde durch kleinste Geräusche ausmachen zu können. Kaum ein Reiter hat den Hörsinn der Pferde nicht schon mal verflucht: Immer dann, wenn das Pferd hinter einem Busch ein Gespenst ver- mutet und die Flucht ergreifen will. Ein leise knackender Zweig kann ein Pferd schon durchgehen lassen. Kleinste Be- wegungen und ungewohnte Objekte können es so ängstigen, dass es sich am liebsten auf und davon machen würde. Den Hörsinn kann sich der Mensch zu Nutzen machen: Pferde wissen genau, wann wir loben, beru- higen oder tadeln. Pferde mögen ru- hige, tiefe Tonlagen und erkennen da- ran ein Lob. Kurze, scharfe Signale nehmen sie als Drohung oder Strafe D ie Bodenarbeit ist für mich ei- ne der wichtigsten Trainings- formen für Pferde aller Al- tersklassen und selbstverständlich auch aller Rassen?, sagt Petra Dürr, Pferdetrainerin aus Raubling (Land- kreis Rosenheim). Für die Menschen bedeute die Arbeit am Boden eine völ- lig andere Umgangs- und Lernmög- lichkeit im Training mit den Pferden. Sie lernen zu beobachten, können Re- aktionen der Pferde schneller erfas- sen und deshalb besser auf die Pferde eingehen. Die Schwierigkeiten, die die Pferde teilweise haben, werden in der Bodenarbeit für denMenschen ?sicht- barer?. Die Basis in der Bodenarbeit bein- haltet in Petra Dürrs Training zuerst die Einführung in die Arbeit mit Führ- kette und Gerte. ?Dadurch erlernen wir, wie wichtig eine klare Körper- sprache im Umgang mit Pferden ist. Es kann eine völlig neue Beziehung zwischen Mensch und Pferd entste- hen.? Die Definition und Umsetzung der Begriffe Respekt und Vertrau- en sowie Distanz und Nähe sind ein Kernthema ihrer Übungen. ?Dadurch ist es möglich, unsere Pferde zu selb- ständig mitarbeitenden Partnern rei- fen zu lassen.? Mit Hilfe von einfachen Stan- genhindernissen, wie z.B. dem Stan- gen-L, bringt sie die nötige Abwechs- wahr. Herumschreiende Kinder, eine Sirene oder laute Musik machen Pfer- den zu schaffen, während viele Dres- surreiter auf leise, klassische Musik in der Reithalle schwören. Die Angst vor einschüchternden Klängen bekommt man durch ge- zieltes Training in den Griff. Vier- beiner, die Angst vor Traktoren oder Lastwagen haben, führt man zu- nächst an das Gefährt heran, ohne dass der Motor läuft. Wichtig ist, je- den einzelnen Schritt zu loben, mit dem sich das Pferd nähert. An abrupte Geräusche, wie lautes Knallen, wird man ein Pferd kaum gewöhnen kön- nen. Die berittene Polizei wiederholt zum Beispiel Schüsse aus der Pisto- le, um ihre Pferd an Einsatzszenarien vorzubereiten. Eine Gewissheit, dass es sich dennoch im Ernstfall nicht er- schreckt, erreicht man dadurch aber nicht. Das Fluchttier bekommt man letztlich aus dem Pferd nicht heraus. Text: Judith Schmidhuber H alfter sind ein grundle- gendes Hilfsmittel um ei- ne Verbindung zum Pferd zu halten. Ein übliches Gurthalfter verteilt den Druck und führt zu einer weichen Einwirkung. Knotenhalfter sitzen etwas lockerer am Pferd, da- mit lässt sich punktuell Druck auf den Pferdekopf ausüben. An Knoten- halfter sind meist Führstricke ohne Metallhaken befestigt, damit kann nichts gegen das Kinn des Pferdes schlagen. Beim Longieren und der klassischen Handarbeit haben sich Kappzäume bewährt. Immer mehr Pferdehalter schwören darauf. Mit einem passenden und korrekt ver- schnallten Kappzaum ist man in der Lage, den Kopf des Pferdes punktge- nau zu positionieren und zu steuern und zwar auch auf großer Distanz ? wie etwa an der Longe. Das ermögli- cht eine gesunderhaltende Arbeit in korrekter Genickstellung und Längs- biegung. Ohne Gebiss schont man gleichzeitig das Pferdemaul. Text: Judith Schmidhuber 14 Reiter-Kurier · Mai 2018

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