Reiter-Kurier März 2018

Rubr i k 8 Reiter-Kurier · März 2018 Bemerken Sie ein Umdenken? Sowohl bei Stall- als auch bei Pferdebesitzern? Das Angebot wird ja nur geschaffen, wenn Nachfrage besteht. Ich finde schon, dass es sich langsam öffnet. Ich plane jetzt zum Beispiel erstmals eine Fortbildungsveranstal- tung für die FN. Es tut sich ein biss- chen was. Aber es fällt schon auf, dass bei den Freizeitreitern das Bewusst- sein größer ist. Da kommen die An- fragen von den Pferdehaltern, deswe- gen werden immer mehr Offenstall­ angebote geschaffen. Die Sportreiter tun sich damit noch schwer. Ein Thema, das Pferdehaltern schlaflose Nächte bereitet, ist die Bodenbefestigung. Sie haben ein ganzes Buch darüber geschrieben. Was wird dabei häufig verkehrt gemacht? Das grundsätzliche Problem ist, dass man sich zu wenig Gedanken über den Wasserabfluss macht. Man muss erst sehen, dass man das Wasser von der Fläche weg bekommt, sonst funk- tioniert keine Befestigung. Liegt ein Platz am tiefsten Punkt, wird es im- mer einen Badewanneneffekt geben. Auch ebenerdige Laufwege werden nicht funktionieren. Ja, das kann ich unterschreiben. Dummerweise lernt man aus den schlechten Erfahrungen immer am besten. Wir haben auch schon un- glaublich viel Geld umsonst ausgege- ben und Plätze im Dreischichtsystem angelegt, auf denen dann das Wasser stand. Ich war also gezwungen, mich damit auseinanderzusetzen. Reicht es tat- sächlich aus, ei- nen Laufweg in einer Breite von 50 Zentimetern zu befestigen? Ja. Bei schlechtem Wetter marschieren die Pferde dann hintereinander her. Wenn man nur mit der Schubkarre ausmistet, reicht so ein Weg. Für einen Hoflader muss der Weg natürlich breiter sein. Über Baugenehmigungen für Pferdeställe, Bodenbefesti- gung und Heufütterung haben Sie schon Bücher geschrieben. Welchem Thema widmen Sie Ihr nächstes Buch? Permakultur und Pferdehaltung. Per- makultur ist eine Bewirtschaftungs- weise, bei der man versucht, selbst er- haltende Systeme zu nutzen. Bekannt sind Mischkulturen in Gärten, die sich gegenseitig unterstützen. Man möch- te möglichst ökologisch vorgehen, es soll aber auch etwas dabei raus kom- men. Die Ausbildung zur Permakul- tur-Designerin ist echt spannend. Ich lote gerade aus, wo es Ansätze in der Pferdehaltung gibt. Also zum Beispiel, wie man mit Pferdemist umgeht, damit man ihn auf den eigenen Flächen als Dünger nutzen kann? Genau. Kreisläufe einrichten ist ein Punkt. Oder wenn ich viele Hecken anlege, erhalte ich gleichzeitig Ge- hölzfutter für Pferde. Aktuell schaue ich mir an, welche Tiere man mit Pfer- den zusammen halten kann. Minimie- rung der Laufwege für die Menschen ist auch ein Punkt. Mit dem Wissen, das Sie über artgerechte Pferdehaltung ha- ben, wie geht es Ihnen, wenn Sie einen Stall betreten, in dem Pferde in Gitterboxen leben? Ich möchte mich generell nicht mit Dingen beschäftigen, die mich run- ter ziehen. Deswegen vermeide ich es, solche Ställe zu betreten. Ich suche mir lieber die Sachen, an denen ich was verbessern kann. Ihr Betrieb läuft, Sie sind dennoch ständig am Verbessern. Was steht aktuell an? Die Wirtschaftlichkeit wollen wir wei- ter verbessern. Ich habe seit einer Weile einen Betriebsleiter, der sich um die Optimierung kümmert. Und wir wollen noch viel mehr für den Arten- schutz tun, weil sich Offenställe dafür sehr gut anbieten. Sie haben 30 Jahre Erfahrung in der Pferdehaltung. Hätten Sie sich vorstellen können, dass Sie für Ihre Pferde einmal Hügel, Wasserfurte und Gehölzfutter bereitstellen würden? Auf keinen Fall ( lacht ). Vor 30 Jah- ren hielt ich eine Paddockbox für fort- schrittlich. Wir haben 2002 einen Pad- dockboxenstall neu gebaut und 2004 angefangen, ihn wieder umzubauen. Heute wäre ich schlauer. ? ? www.offenstallkonzepte.de Text: Judith Schmidhuber Fotos: Tanja Romanazzi Ein funktionierender Paddocktrail aus der Vogelperspektive: Die Pferde bewe- gen sich auf einem Rundlauf über un- terschiedliche Böden, haben verschiedene Fressstationen, einen Unterstand, einen Wälzplatz und sogar eine Wasserfurt. Man muss sich vorher Gedanken um den Wasserabfluss machen.? Tanja Romanazzi, Offenstall-Expertin

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