Reiter-Kurier Oktober 2017

RUBR I K 24 Reiter-Kurier · Oktober 2017 Erkenntnisse und Erfolgserlebnisse Bettina Ruhland wollte endlich ihrer Stute helfen ? und ließ sich zur Barhufpflegerin ausbilden. Z wei Jahre lang jeden Monat ein Wochenende Theorie und Praxis. Dazu musste Betti- na Ruhland Praktika absolvieren und Berichtsheft schreiben. Die Pferde­ besitzerin aus Schönau am Königssee (Landkreis Berchtesgadener Land) hat die Ausbildung zur Barhufpflegerin und Huforthopädin absolviert ? weil sie keinen geeigneten Barhufpfleger fand und die permanenten Hufpro- bleme ihrer Haflingerstute ?Capri? satt hatte. ?Es war eine Katastrophe. Sie ging immer wieder fühlig. Barhuf laufen funktionierte einfach nicht. Ich wollte mich endlich auskennen, damit ich ihr helfen kann.? Dazu eignete sie sich ein enormes Wissen über Anatomie an. Sie lernte von Huforthopäden, Wissenschaft- lern und Veterinärmedizinern, sezierte Pferdebeine, besuchte Huf-Kongresse und lernte Röntgenbilder zu lesen ? in dem Wissen, dass die meisten Aufnah- men verfälscht seien. ?Wenn das ande- re Pferdebein aufgehoben wird, nimmt das geröntge Bein ja viel mehr Last auf.? Ihr wurde in der Ausbildung bei der DHG immer mehr bewusst, dass auch andere, altbekannte Vorgehensweisen längst nicht mehr zeitgemäß sind. Jetzt hat die Odyssee ein En- de. Als Ursache für Capris Probleme konnte Bettina Ruhland die Fütterung ausmachen. ?Dadurch hatte sie im- mer wieder leichte Reheschübe und eine schiefe Hufwand bekommen.? Dank gezielter Hufbearbeitung, Diät und viel mehr Bewegung, nahm die Haflingerstute sage und schreibe 100 Kilo ab. Das ganze Pferd habe sich ver- ändert, erzählt die Barhufpflegerin. Von der Erkenntnis bis zur Besserung dauerte es ein halbes Jahr. Geduld, die sich gelohnt hat. ?Sie läuft jetzt pro- blemlos barhuf und ins Gelände gehen wir mit Hufschuhen.? Erfolgserlebnisse möchte Bettina Ruhland auch anderen Pferdebesitzern verschaffen. Hufpflege ist ihr Hobby und ihre Leidenschaft geworden. Zu kämpfen hat sie dabei allerdings mit Unwissenheit und Beratungsresistenz. ?Ich bekomme Reheponys zu sehen, bei denen sich die Zehen schon aufdre- hen, weil sie so lange nicht bearbeitet wurden. Das tut mir in der Seele weh, weil ich ja weiß, dass die Besitzer etwas dagegen unternehmen könnten.? Die Barhufpflegerin kennt auch den Teu- felskreis, dem zu entfliehen viele nicht schaffen. ?Es ist immer das Gleiche: T I T E LTHEMA : HUF E Österreich ändert Beschlagsrecht In Österreich ist der Weg frei für Hufpfle- ger: Mitte Oktober wird die Gewerbeord- nung für Hufschmiede geändert. Bisher durfte einen Huf-Beruf nur ausüben, wer den Hufbeschlagskurs in Stadl-Paura oder an der VetMed in Wien absolvierte. Voraussetzung dazu war eine Ausbildung im Metallbereich. Die Hufpfleger freut's, waren sie doch in der Vergangenheit mit ihrer Petition "Barhufpfleger für Österreich" gescheitert. Ihre Tätigkeit in Österreich ausüben konnten sie bislang nur, wenn sie die Ausbildung in Deutschland absol- vierten, dort ein Gewerbe anmeldeten und einen Antrag auf grenzüberschreitendes Arbeiten stellten. Dieser komplizierte Um- weg ist jetzt Geschichte. Dem Österreichischen Hufschmiede Ver- band gefällt die neue Gewerbeordnung gar nicht. Der Verband befürchtet, dass durch die Öffnung des Berufs "Huf- und Klauenbe- schlag", das Wohl der Pferde auf dem Spiel steht, da kein Qualifikationsnachweis mehr erforderlich ist ? weder für Schmiede, noch für andere Hufbearbeiter. Der Verband ver- sucht derzeit mit einer Online-Petition, die Änderung zu kippen. In Deutschland gilt grundsätzlich: Wer als Hufbeschlagsschmied arbeiten möchte, muss eine Ausbildung samt Prüfung absol- vieren. Die Berufe Hufpfleger, Huftechni- ker und Huforthopäde sind nicht geschützt. Weshalb Pferdebesitzern geraten sei, nur Hufexperten an ihr Pferd zu lassen, die eine Ausbildung nachweisen können. Text: Judith Schmidhuber

RkJQdWJsaXNoZXIy MTQ0MQ==